Selbstdarsteller und Alleskommentierer
Wie wichtig sind Wichtigtuer?
Wir blicken gerne nach Amerika, wenn es um Konflikte geht: Zwischen Schwarz und Weiß, arm und reich, Bildungseliten gegen das „normale“ Volk, von religiösem Wahn ganz zu schweigen. “Ja, so sind sie, die Amis“, heißt es dann an Stammtischen, das „Land der (einstmals) unbegrenzten Möglichkeiten“ gilt für viele von uns als Inbegriff des wilden Westens. Und am Ende gewinnen halt leider nur im Film immer die Guten.
Standortwechsel Deutschland. Mitten in schwierigen Corona-Zeiten. Wer hier die Nachrichten verfolgt – öffentlich-rechtliche wie soziale Medien und sich dazu auch mal richtig Zeit nimmt für die Lektüre einer Qualitätszeitung mit echten, gut recherchierten eigenen Artikeln – der merkt schnell, dass sich auch unsere Gesellschaft mehr und mehr spaltet. In Mund-Nase-Masken-Fans und -Hasser, in Pandemie-Bekämpfer und -Leugner, in Herdentiere und Einsiedler, in vermeintlich Besserwissende und anstrengende und selbstherrliche Besserwisser. Eine gefährliche und oftmals unüberschaubare Mixtur der Gefühle und Emotionen – verbunden mit Angst und Ignoranz, Aggression und Denunziantentum.
Im Grunde genau das Gegenteil von Gesellschaft, von Zusammenhalt und Solidarität. Jeder gegen jeden, statt offener Diskussion und sinnvollem Meinungsaustausch stehen Streit, Beleidigungen und oftmals sogar körperliche Gewalt ganz hoch im Kurs. Und das im Land der Dichter und Denker. Ein Armutszeugnis!
Wie konnte es aber soweit kommen? Und wie kann man die verschiedenen Gruppen wieder etwas zusammenführen oder zumindest nicht noch weiter auseinanderdriften lassen? Schwierige Fragen. Es Schorschla hat im stillen Kämmerlein lange gegrübelt. Eine Lösung hat es nicht gefunden. Aber zumindest einen Ansatz: Jeder von uns darf sich einfach nicht zu wichtig nehmen!
Wer mit offenen Augen und Ohren durch den Alltag wandelt, wird diese These schnell unterstützen. Offensichtlich bereitet es vielen Menschen besondere Freude, ihr Leben in den unterschiedlichsten Social-Media-Kanälen offen auszubreiten. Heute am Strand, morgen im Kanu, abends beim Essen im heimischen Garten, die Rosen dort sind herrlich aufgeblüht, das Fleisch auf dem Grill stammt von handgestreichelten Rindern aus Argentinien. Billigware vom Discounter kommt natürlich nicht auf den Rost. Dazu ein paar nachbearbeitete Bilder, vielleicht ein paar Freunde rund ums Feuer, ohne Masken und Sicherheitsabstand. Und schon geht’s los: Tierschützer flippen aus, die faktenorientierte Corona-Crew sowieso, man wird als asozialer Penner oder nichtsnutziger Fleischproll beschimpft, Kommentare wie „hoffentlich bleibt Dir A….loch das Steak im Hals stecken“ sind keine Besonderheit.
Woher kommt nur dieser Hass, dieses unsägliche Mitteilungs- und Kommentierungsbedürfnis von Menschen, die man gar nicht kennt? Es Schorschla ist in diesem Fall eher Beobachter wie Betroffener, gehört es doch nicht zu der Gattung Mensch, die ständig über das eigene Leben Bericht erstatten möchte und muss. Privat ist privat, wunderbare, laue Sommerabende kann man doch herrlich mit guten Freunden genießen – gerne auch ausgiebig mit Fleisch und Fisch und Wein und Bier und Salaten, vegetarischen Zutaten, stillem oder auch spritzigem Mineralwasser. Ohne jede Form von nachträglicher Effekthascherei. Keine Schaumschlägerei, kein Protzen, kein Fotobuch auf Instagramm. Einfach so zum Spaß, wie früher, feiern mit Freunden. Nicht mehr, nicht weniger. Wie einfach und herrlich. In diesem Sinne: Genießen Sie den Sommer, freuen Sie sich des Lebens. Alles mit gesundem Menschenverstand, auch in Sachen Abstand, Masken und Hygiene. Und denken Sie daran: Man muss nicht immer alles kommentieren.
PS: Die Meinung vom Schorschla muss nicht immer mit der der Redaktion übereinstimmen.