Der O-Ton

Dr. Jörg Cuno - PalliVivo

der o-ton

Heute im Gespräch: Dr. Jörg Cuno, leitender Arzt der PalliVIVO GmbH, Gründer Palliativakademie Bamberg 

„Die verbindende Idee dahinter ist die Fürsorge“

Wenn in Bamberg der Name Dr. Jörg Cuno fällt, dann verbinden die Menschen damit sofort Palliativmedizin. „Das ist doch der, der den Menschen das Sterben erleichtert“, hört man dann sinngemäß aus vielen Mündern. Das ist auch genau richtig, doch die Aufgaben, Herausforderungen und Hilfen, die das Team des sympathischen, ruhigen, nachdenklichen und trotzdem aufgeschlossenen Visionärs Tag für Tag erledigt, gehen noch weit darüber hinaus. Im persönlichen Gespräch gab der 53-jährige Bamberger den Leserinnen und Lesern des WOBLAs einen Einblick in seine Arbeit und Philosophie.

WOBLA: Sie sind Arzt, begleiten Sterbende auf ihrem letzten Weg. Auf Ihrer Webseite palliativakademie-bamberg.de beschreiben Sie sich als Palliativ-Botschafter. Erklären Sie doch bitte einmal die Idee hinter diesem Begriff?

Dr. Jörg Cuno: Die Idee hinter dem Begriff ist relativ einfach. Ich möchte das Thema Palliativversorgung oder besser Palliative Care bei den Menschen aus der Angstzone herausholen. Ich möchte ihnen anzeigen, dass palliative Versorgung nichts ist, vor dem sie Sorge haben müssen. Natürlich weiß ich, dass der Moment, in dem man dies in Anspruch nehmen muss, für die meisten Betroffenen erst einmal einen massiven Einschnitt in ihr bisheriges Leben bedeutet, weil sie fortgeschritten erkrankt sind. Diese gefühlte schiere „Unnormalität“ gilt es dann abzufangen. 

Wann immer im WOBLA-Land Ihr Name fällt, hört man den Satz: „Respekt, den Job musst du erst mal machen können.“ Ist Ihr Beruf eine echte Berufung?

Dr. Jörg Cuno: Das klingt für mich im ersten Augenblick ein bisschen so, als ob ich einen Sendungsauftrag hätte. Das wäre in meinen Augen sehr vermessen. Ich glaube aber, dass man für diesen Beruf tatsächlich mehr als nur eine Qualifikation in sich tragen muss, sondern vor allem auch eine ganz besondere Haltung den betroffenen Patienten und ihren Angehörigen gegenüber und die Bereitschaft, sich ihren Ängsten und Nöten zu stellen. Ich versuche mich daher jedes Mal ein Stück weit, so gut ich es eben kann, in die jeweilige Situation hineinzuversetzen, um in den oftmals sehr individuellen Momenten den Menschen eine ihnen angemessene Versorgung anbieten zu können. Es ist das, was ich persönlich als Arzt wirklich am liebsten mache: da zu sein, Nähe zu geben, die Hand zu reichen, zuzuhören und den Menschen das anzubieten, was jeder für sich gerade braucht.  

Inzwischen ist in der Sodenstraße im Hain ein echtes Zentrum zu den unterschiedlichsten Themen entstanden. Palliativakademie, Sternenkinderzentrum, Palliativ-Talk, es gibt mit der QNO PalliWEAR eine Bekleidungskollektion, das quartalsweise erscheinende Columba-Magazin und viele hochwertige Ratgeber und Hefte zu den unterschiedlichsten Themen. Erklären Sie doch einmal die verbindende Idee hinter all diesen Aktionen.

Dr. Jörg Cuno: Die verbindende Idee dahinter ist die Fürsorge und der unbedingte Wille, den Menschen in kritischen Lebenssituationen, die sehr häufig geprägt sind von hoher existenzieller Not, eine Hilfe zu sein und zu unterstützen, wo es notwendig ist und dies nicht nur nachsorgend, sondern auch vorausschauend. 

Der Begriff Würde taucht immer wieder in Ihren Artikeln auf. Können Sie in Worte fassen, was sich Ihre Patientinnen und Patienten in den letzten Tagen und Stunden ihres irdischen Daseins wünschen und was ihnen und ihren Angehörigen in dieser ganz besonderen Lebenssituation am besten tut?

Dr. Jörg Cuno: Wann immer wir unsere Patienten, die wir mit unserem Palliativteam PalliVIVO begleiten, fragen, was ihnen wichtig ist, kommt als häufigster genannter Wunsch der Erhalt nach Autonomie und damit Selbstständigkeit. Dabei geht es gar nicht so sehr um die reine körperliche Unterstützung, sondern vielmehr darum, auch als sterbender Mensch frei in seinen Gedanken sein zu dürfen. Manchmal bedeutet diese Freiheit auch, gezielt über das Sterben an sich und die Machbarkeit eines selbst bestimmten Sterbens zu reden. Diese Gedankenfreiheit ist immens wichtig, um sich als Patient nicht durch die Krankheit oder auch durch sein „Außenherum“ hilflos und ausgeliefert zu fühlen. 

Das Sternenkinderzentrum ist noch einmal ein ganz anderer Bereich Ihrer Arbeit. Bringt Sie der tägliche Umgang mit Leid und Tod nicht immer wieder an Ihre psychischen Grenzen? 

Dr. Jörg Cuno: Dieser Bereich unseres Hauses liegt mir auch ganz besonders am Herzen. Als wir 2018 das Zentrum gegründet haben, war uns bewusst, dass wir hier die Tür in einen ganz besonderen Raum öffnen werden. Einen Raum, der oftmals von Unverständnis, Scham, vor allem aber immer sehr großem Schmerz geprägt ist. Die Begleitung der Eltern, der Familien, der Väter und Mütter ist eine ganz wichtige und besondere Aufgabe. All das – und das vor allem täglich – macht natürlich etwas mit einem. Auch mit mir. Denn wenn ich nach weit über 20 Jahren Tätigkeit in diesem Bereich weiterhin berührbar bleiben möchte, ohne abzustumpfen oder zu zerbrechen, brauche ich, wie die meisten, einen Platz der Resilienzstärkung. Ich bin daher sehr froh, in meinem Team, vor allem aber auch in meiner Familie, einen Ort der Kraftschöpfung zu haben.

Ein Punkt fällt beim Lesen Ihrer Webseite sofort ins Auge: Ihre Farbe der Trauer ist nicht schwarz, sondern das eher fröhliche Orange. Nehmen Sie damit den Menschen auch etwas die Angst vor dem Tod?

Dr. Jörg Cuno: Orange ist eine warme, kraftspendende, positive und zugewandte Farbe, die Räume aufmacht und nicht Grenzen setzt. So sehe ich das. Sie ist keine harte Farbe. Sie lässt fließen, Emotionen aufkommen, bedeutet Wohlgefühl. Ja, wir wollen damit den Fokus auf die guten und schönen Momente im Leben richten, die in kritischen Momenten auch dazugehören, und auch ganz besonders dann, wenn sich das Leben ausschleicht. Orange ist die glücklichste Farbe, soll Frank Sinatra mal gesagt haben. Ich finde sie einfach ganz intensiv wärmend und ich glaube, das ist etwas, was unsere Arbeit eben auch sein soll: (Herzens-)Wärme geben. 

Noch eine anschließende Frage zum Weihnachtsfest. Sind diese Festtage nicht für viele Trauerende eine ganz besondere Herausforderung? 

Dr. Jörg Cuno: Da haben Sie recht. Gerade die Tage mit hoher Bedeutung machen es den Hinterbleibenden oft so schwer, mit dem Verlust umzugehen. Wobei man natürlich schon sagen muss, dass die Trauer nicht erst mit dem Tod einsetzt, sondern schon viel früher. Mit dem Bewusstsein, nämlich, dass sich ein Leben nun anders zu gestalten hat, als es gedacht war. Als mir vor Jahren mal jemand sagte, dass Palliativversorgung doch „nur Sterbemedizin“ sei, antwortete ich sehr vehement, dass es vor allem Lebensmedizin bedeutet. So sehe ich es weiterhin. Und so lange ein Mensch lebt, hat er Anspruch auf angemessene Zuwendung und Betreuung. Das ist unsere Aufgabe.

Herr Dr. Cuno, vielen Dank für dieses Gespräch und Ihre außergewöhnliche Hilfe am Menschen.

Bamberg aus einer ganz neuen Perspektive erleben!

Auf unserer mobilen Webseite haben wir ein kleines Schmankerl für Sie.
Besuchen Sie uns über Ihr Handy und erleben Sie Bamberg auf eine völlig neue Art.

Öffnungszeiten

Geschäftsstelle

Hallstadt, Biegenhofstr. 15

Die WOBLA-Büros sind vom 23.12.24 bis einschl. 01.01.25 nicht besetzt, ab 02.01.25 sind wir für private Kleinanzeigen Montag von 9.00 bis 14.00 Uhr sowie Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9.00 bis 12.00 Uhr telefonisch unter 0951/966990 direkt erreichbar. Außerhalb dieser Zeiten sprechen Sie bitte auf unseren AB, wir rufen gerne zurück! Alternativ können Sie uns auch ein Mail an info@wobla.net senden.

Geschäftskunden: Unser Team der Mediaberaterinnen Petra Billhardt (0951/9669922), Karin Rosenberger (0951/9669924) und Daniela Kager (0951/9669923) berät Sie gerne von Montag bis Freitag zwischen 8.00 Uhr und 17.00 Uhr individuell und kompetent zu Ihren Anzeigen und Beilagen im WOBLA.