Stehende Ovationen
9. Bamberger Fastenpredigt
Die Lokalpolitik ist (leider) immer noch das beste Kabarettprogramm
Bruder Udalrich las am Samstag der Lokalpolitik zum zweiten Mal die Leviten im Ziegelbau an der Mußstraße
Die Leberkäs- und Bratenbrötchen auf den großen Silbertabletts fanden reißenden Absatz und der zahlreich anwesenden Politprominenz aus Stadt und Landkreis wurde von Florian Herrnleben alias Bruder Udalrich im zünftig geschmückten Festsaal des Ziegelbaus auch alles andere als leichte Kost serviert. Kurzum: Die 9. Bamberger Fastenpredigt am vergangenen Samstag hatte es wieder einmal in sich.
Rund zweieinhalb Stunden lang redete und sang sich der Fastenprediger an der Mußstraße seinen Ärger von der Seele, wobei schnell deutlich wurde, dass die Rathausoberen, die städtische Pressearmada aus der Tabakscheune, die Kreativabteilung des Landratsamtes und die Stadt- und Kreisräte – parteiübergreifend – regelmäßig von allen guten Geistern verlassen werden.
Die Themen kann man an dieser Stelle ob ihrer Menge und Tiefe nur kurz anreißen: Zukunft Atrium, Security bei der Zulassungsstelle, Nutzung Heroldshaus, neues Landkreis-Logo, Benz- und Friedrichstraße, Schönleins- und Maxplatz, innenstadtrelevante Sortimente, Theaterintendanz, Müllentsorgungsabfragelisten, natürlich ein bisschen Feng Shui und Hokuspokus, ein paar Überstunden hin und her, Mitarbeiter*innen-Befragungen im Rathaus, Boni-Zahlungen für die Besten unter den Guten, dazu jede Menge teure Machbarkeitsstudien und Zweckentfremdungssatzungen und dazwischen immer wieder die lokale Politik: Der Andi, der Klausi, der Weichlein und der Brünker, die rechtslastige Bamberger Mitte und dann natürlich der Allgemeinzustand und die Stimmung bei den lokalen Volksparteien: Die Schwarzen und die Roten – hier ein Professor am Ruder, dort geordnetes Chaos und krude Rechtsauffassungen von Experten.
Sie merken, es war ein kurzweiliger Abend, der Fastenbock vom Ambräusianum floss in Strömen und sorgte im Laufe des Abends an den rot-weiß dekorierten Biertischen für viele süffisante Kommentare. In den vorderen Reihen – wo die Politprominenz Platz genommen hatte – und auch weiter hinten beim normalen Fußvolk. Und der Mönch an der Kanzel? Der konnte gegen 23 Uhr, nachdem er zuvor noch FT-Chefreporter Michael Wehner – seinem Freund, Weggefährten und Recherchekollegen – zum beruflichen Ruhestand gratulieren durfte, zufrieden und bei stehenden Ovationen seine Rede schließen.
Natürlich mit dem Versprechen, im kommenden Jahr wiederzukommen. Der Termin steht bereits: Der erste Samstag nach Aschermittwoch 2025. Wie immer. Ein Datum, das Bruder Udalrich auch als Stoßgebet noch einmal ausdrücklich in Richtung Hallstadt schicken wollte. -bo
Foto: Bernd Oelsner