Ende der klebrigen Klimaproteste
Ausgeklebt:
Jetzt „ungehorsame Versammlungen“
Es war eine unscheinbare E-Mail, welche vor wenigen Tagen in vielen Redaktions-Postfächern eintraf. Unter dem Titel „Neue Strategie für 2024“ verkündet „Die letzte Generation“ das Ende ihrer klebrigen Klimaproteste in Deutschland. Es beginne „eine neue Ära unseres friedlichen, zivilen Widerstandes – das Kapitel des Klebens und der Straßenblockaden endet damit“, schreiben die Aktivisten.
Es Schorschla macht drei Kreuzzeichen. Denn was vor rund zwei Jahren mit 24 engagierten jungen Menschen und einer überraschenden Straßenblockade begann, hatte sich in den vergangenen Monaten zu einem wahren Hassprojekt entwickelt. Der „Spiegel“ hatte die Klimakleber im August als „Die neuen Staatsfeinde“ betitelt.
Klar, jeder Protest sorgte für öffentliche Aufmerksamkeit. Ein erklärtes Ziel der Klimakleber. Doch irgendwie hatte man zuletzt das Gefühl, dass es diesen Pappkameradinnen und -kameraden gar nicht mehr ums Klima ging, sondern sich selbst. Aus den besorgten Umweltschützern waren selbstherrliche Selbstdarsteller geworden, die offensichtlich Gefallen daran gefunden hatten, im Mittelpunkt zu stehen. Die Wende!. Plötzlich wurde von „Gewalttätern“ geschrieben, von „Antidemokraten“ und „Klima-RAF“. „Die letzte Generation“ wurde mit den islamistischen Taliban verglichen und den Schlägertrupps der 20er- und 30er-Jahre. Nicht irgendwelche Journalisten zogen solche Parallelen. Es waren namhafte Politiker der Union, der FDP und der SPD. Inklusive Bundesministern wie Marco Buschmann, zuständig für die Justiz.
Die Kritik an den Aktivisten war irgendwann völlig maßlos, ohne Sinn und Verstand, eine echte Klimakleber-Hysterie. Das muss zum Ende dieses Kapitels der Protestgeschichte dann doch noch mal gesagt werden. Und es wäre der Demokratie zu wünschen, dass so eine Hysterie nicht noch einmal entsteht.
90 Prozent der Deutschen gingen die kollektiven Klebe-Exzesse einfach zu weit. Solidarität und Anerkennung hat „Die letzte Generation“ nicht einmal von anderen Klimagruppen bekommen. Selbst „Fridays for Future“ distanzierte sich mit dem Hinweis, dass Straßenblockaden keine Unterstützung hätten. Es brauche gesellschaftliche Mehrheiten. Ja, selbst die Grünen sahen sich immer wieder genötigt, sich von den Klebeprotesten zu distanzieren.
Als Eingeständnis des Scheiterns ihrer bisher bevorzugten Protestform will die Letzte Generation ihren Strategiewechsel nicht verstanden wissen. Sie spricht lieber vom „nächsten Kapitel“ oder gleich einer „neuen Ära“ des Widerstands. Die Formel dafür lautet nun vor allem: „ungehorsame Versammlungen“. Was genau sich dahinter verbirgt, erklären die Aktivisten (noch) nicht. Bleibt abzuwarten, ob die zuletzt müde gewordene Bewegung so wieder neuen Schwung gewinnt.
Der Kampf gegen die Erderwärmung hätte es dringend nötig und auch verdient. Proteste und Aktionen sind nötig – aber nicht gegen die Gesellschaft, sondern mit der Gesellschaft.
PS: Die Meinung vom Schorschla muss nicht immer mit der der Redaktion übereinstimmen.