Florian Herrnleben im Gespräch
Kasperlbunte Geschichten – Schwarz auf Weiß zum Nachlesen
Heute im Gespräch: Florian Herrnleben, der Kopf hinter dem Bamberger Kasperl
Die Frage „Seid Ihr alle da?“ kennen die Bamberger. Seit Generationen. Denn bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten sorgten das Bamberger Kasperl und seine Freunde für beste Familienunterhaltung. Und mehr noch: In unzähligen Aufführungen spielte sich die kleine, bunte Holzfigur mit der großen Nase, den dunklen Augen und dem Dauerlächeln in die Herzen der kleinen und großen Zuschauer. Das Kasperl war aber schon immer mehr als nur ein Geschichtenerzähler: Seit 75 Jahren ist der Hauptdarsteller der Puppenbühne Herrnleben auch Erzieher, Motivator, Schelm und Spaßvogel. Was Florian Herrnleben als Leiter dieses „Wandertheaters“ jetzt auf 164 farbenfrohen Seiten in einer lesenswerten Kasperl-Chronik wunderbar dokumentiert hat.
WOBLA: Die Puppenbühne Herrnleben zählt zu den traditionsreichsten und ältesten Kasperlbühnen Deutschlands. Ihren Ursprung hat sie in der Bamberger Theaterwelt Mitte der 1920er Jahre, als Hans Herrnleben und Ottilie Schönle, das spätere Gründerehepaar, als Jugendliche und junge Erwachsene gemeinsam die Bühnen dieser Stadt bespielten.
Florian Herrnleben: Meine Urgroßeltern standen 1925 zum ersten Mal gemeinsam auf einer Theaterbühne. Die Geburtsstunde des Bamberger Kasperl erfolgte dann nach dem Krieg 1945. Die Not war damals groß, zwischenzeitlich verheiratet, die Kinder waren schon da. Geld fehlte an allen Ecken und Enden. Meine Uroma war gelernte Schneiderin, Theaterspielen konnten beide und so entstand die Idee einer familiengeführten Puppenbühne.
Das war vor 75 Jahren, inzwischen leiten Sie diese in der 4. Generation. Ein Herzensprojekt?
Ganz sicher. Mein Vater hat die Bühne direkt von seinem Großvater in den 70ern übernommen, der Übergang an mich war fließend so vor zehn, zwölf Jahren. Aktuell bin ich unternehmerischer Leiter und spiele vor allem natürlich auch gerne live.
Aktuell hat aber auch das Kasperl Lockdown. Eine traurige Situation!
Natürlich. Um Zahlen zu nennen: Von ungefähr 50 geplanten Auftritten konnten wir fünf vor dem Lockdown über die Bühne bringen und zwei – Gundelsheim und Burgebrach – unter Hygienemaßnahmen und AHA-Regeln im Sommer. Das war’s!
Sind Sie Profi-Kasperl oder ist dieses Theater eher ein Hobby?
Ich habe die gesamte Bühne als Profi-Betrieb übernommen. Unter normalen Umständen könnten wir von Kultur auch leben – was meinen Eltern ja Jahrzehnte lang auch gelungen ist. Das Bamberger Kasperl hatte ja große Tourneen unter anderem auch mit Antenne Bayern und dem Bayerischen Rundfunk, CDs mit Prominenten wie Bastian Pastewka, Dirk Bach und Lisa Feller, Gute-Nacht-Geschichten auf Tonträger, ich selbst war als Comedian und Kabarettist auf AIDA-Kreuzfahrtschiffen aktiv. Im Moment bin ich aber sehr dankbar, dass ich Wirtschaftsinformatik studiert habe – nie fertig – aber schon damals noch ein anderes Unternehmen gegründet habe. Ich sage immer: Ich habe zwei Hosentaschen. Zum Glück. Ich kann mir aussuchen, wann und wieviel ich den Kasperl spiele. Unsere Firma ist inzwischen zu einem kleinen mittelständischen Unternehmen mit einigen Angestellten herangewachsen, was in der aktuellen Situation doch viel wegfedert und mich ruhig schlafen lässt.
Es gibt ja kaum eine Situation, die nicht auch eine positive Seite mit sich bringt. Aufgrund der ausgefallenen Auftritte hatten Sie die Zeit und die Muse, in die bewegte Historie der Puppenbühne Herrnleben zu blicken, zu recherchieren, historische Zeitungsartikel, Fotos und Geschichten zu suchen und zu sichten und daraus eine bemerkenswert und lesenswerte Chronik über 75 Jahre Bamberger Kasperl zu verlegen. Ein Kasperlbuntes Projekt, welches eben druckfrisch in den Bamberger Buchhandel geliefert wurde.
Erst sollte das ganze nur ein kleines Heftchen werden. Aber je mehr ich mich mit der Geschichte und den Geschichten beschäftigt habe, desto mehr Spaß hat mir das gemacht. So entwickelte ich den Anspruch für mich, dass diese Chronik ein Stempel sein sollte. Ein Stempel auf 75 Jahre Bamberger Kasperl. Ein Buch, das man sich ins Regal stellen kann und es aufschlagen kann, wenn man etwas über unsere Puppenbühne und seine einzigartige Historie nachlesen möchte: Die Chronik, die Familiengeschichte, die Gründe für die Gründung der Bühne, witzige Anekdoten mit prominenten und weniger prominenten Gesellen und Partnern dieser kleinen Holzfigur.
Aktuell gibt es ja Kasperltheater rund um unseren Globus: Vor allem Herr Trump hätte eigentlich einen Auftritt als Holzfigur in Ihrem Theater verdient. Oder sehen Sie das anders?
Ich mag eigentlich gar nicht nach Amerika schauen, ich schau lieber aufs Rathaus am Maxplatz. Das ist im Grunde mein „Weißes Haus“. Aber Spaß an die Seite: Das Wichtigste für mich ist die Tatsache, dass das Kasperltheater – heute, wie eh und je – beste Familienunterhaltung bietet. Also nicht nur für Kinder. Das Bamberger Kasperl als Spiegel unserer Gesellschaft, das ist unser erklärtes Ziel, welches wir nach Corona auch gerne wieder live auf die Bühne bringen werden.
Das Buch „Kasperlbunt!“ ist im Herrnleben Verlag erschienen, erhältlich im lokalen Buchhandel sowie unter www.bamberger-kasperl.de und kostet 24,90 Euro.
ISBN: 978-3-9822480-0-4