„Bamberg first“

„Null Emissionen bis 2030“

„Bamberg first“ und „Null Emissionen bis 2030“

25.000 Arbeitsplätze stehen allein in der Region Bamberg im direkten Zusammenhang mit dem Automobil, die Diskussionen um Verbrenner- und Dieselmotoren, den Klimaschutz und unser aller Zukunft sorgen seit Monaten für Krisenstimmung in dieser Branche. Der Wirtschaftsclub Bamberg (WCB) hat es sich nach der ausverkauften Podiumsdiskussion zum Thema „Autoland Deutschland – Quo vadis?“ Mitte November in der Konzerthalle auf die Fahnen geschrieben, dieses brandaktuelle Thema in all seinen Facetten zu beleuchten und zu hinterfragen. So luden WCB-Vorstand Winfried Kämper und sein Team am Montag in den Hallstadter Kulturboden ein, wo abermals vor ausverkauftem Hause der Zusammenhang von Ökologie und Ökonomie im Mittelpunkt stand. 

Geladen waren diesmal der Physiker und Solarexperte Dr. Sebastian Gatz, der Klimaschützer und Umweltpionier Hand Josef Fell sowie Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel, der jedoch aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen musste und durch den wirtschafts- und energiepolitischen Sprecher der SPD Bernd Westphal ersetzt wurde. Moderiert wurde der Abend durch Prof. Dr. Claus-Christian Carbon, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.

„Bamberg first“

Der erste Teil der Veranstaltung lässt sich wohl am besten mit dem Slogan „Bamberg first“ umschreiben: MdB Andreas Schwarz, Landrat Johann Kalb, der sich auch an seinem 60. Geburtstag den Besuch dieser Veranstaltung nicht nehmen ließ, und Oberbürgermeister Andreas Starke berichteten von der „Bamberger Runde“ bei Wirtschaftsminister Peter Altmaier vor wenigen Tagen in Berlin. Wolfgang Heyder leitete das Gespräch und stellte lobend heraus, dass hier „keine Politik der Konkurrenz“ zu spüren sei, sondern man gemeinsam mit einem überzeugenden Konzept in der Hauptstadt aufgetreten sei. Die drei Politiker betonten, dass Stadt und Landkreis Bamberg selbstbewusst auftreten können, die unbestreitbare „Monokultur Automobil“ jedoch neue Denkmuster und Visionen erfordere und man sich für die Zukunft (noch) breiter aufstellen müsse. Die Konversion sei dabei eine große Chance für alle, Start-up-Kultur, Digitales Gründerzentrum, Medical Valley und die Arztpraxis der Zukunft sollten hier ein Zuhause finden und neue Arbeitsplätze schaffen. Es gebe viel zu tun, erklärte MdB Andreas Schwarz, viel mehr, als man in einer Wahlperiode schaffen könne. Trotzdem dürfe man keine Zeit verschwenden, müsse die Menschen an die Hand nehmen und gemeinsam mit Ihnen positiv die Zukunft gestalten.

„Null Emissionen bis 2030“

Vom Lokalen in die ganze Welt: Diese Transformation läutete den Hauptteil des Abends ein. Nach einer Kurzvorstellung der Diskussionsteilnehmer durch Prof. Carbon erläutere Dr. Gatz die Fakten der Erderwärmung. Überflutungen, Dürren, Feuer und Stürme seien keine Zufälle und Einzelereignisse, den Kohlendioxid-Emissionen vor allem durch den Individualverkehr und der damit verbundenen Erderwärmung müsse nachhaltig entgegengetreten werden. Die Kosten für Erneuerbare Energien sinken von Jahr zu Jahr, Batteriepreise seien zwischen 2010 und 2019 um 87% gesunken, Solarmodule gar um 94%. Und auch die Wirkungsgrade sprechen für sich: Unsere heutigen Kraftstoffe lägen hier bei 10 bis 20 %, bei Wasserstoff habe man bereits 25 bis 35 % und bei Batterien 70 bis 80 %. 

Bernd Westphal nahm den Staat in die Verantwortung. Wirtschaft- und Energiepolitik müssten sich ergänzen und weiter verschmelzen, ein innovativer und hochmotivierter Mittelstand sei die Basis für nachhaltige Veränderungen. Barack Obamas Satz „Wir sind die erste Generation, die den Klimawandel spürt. Und die letzte Generation, die etwas gegen den Klimawandel tun kann“ sei hier die Antriebsfeder. Die Vorzeichen stehen auf Sturm, es müsse gehandelt werden. Verbote seien aber der falsche Weg. Man müsse die Menschen mitnehmen, überzeugen, animieren. 

Alles Punkte, die auch Hans-Josef Fell sofort unterschreiben würde. Nur ihn drängt die Zeit noch mehr, er fordert anders als sein Vorsprecher „Null Emissionen bis 2030“. Ein vielleicht auf den ersten Blick verrücktes und offensichtlich unerreichbares Ziel. „Ich setze auf Überzeugung“, so Fell. Denn wenn erst einmal in den Köpfen angekommen ist, dass es wirklich um das Überleben der Menschheit auf dem Planeten Erde gehe, dann seien wir alle auch zu außergewöhnlichen Leistungen fähig. Wir müssten das Saubere in die Welt bringen, eine neue Industrierevolution starten. Die Zeichen der Zeit könne man einfach nicht länger ignorieren, wir alle müssten uns von veralteten, fossilen Denkmustern lösen.

Das Thema Automobil und dessen Zukunft war am Montag im Grunde nur die Klammer, ein interessantes Nebenthema. Aktuell sei nur jedes 400. in Deutschland verkaufte Fahrzeug ein E-Mobil – in China habe man eine ganz andere Politik und striktere Vorgaben. Tesla mache es den deutschen Autobauern vor. Weshalb bauen Amerikaner in Brandenburg ein riesiges Werk und nicht VW oder Mercedes? Weshalb müssten E-Busse für den ÖPNV in China bestellt werden und könnten nicht von deutschen Autobauern geliefert werden? Ja, viele Fragen schmerzten das fachkundige Publikum im Hallstadter Kulturboden schon beim Zuhören. Doch es gab auch versöhnliche, positive Visionen: Bürgermeister, Landräte, Lokalpolitiker, Stadtwerke und lokale Energieversorger seien zukünftig mehr denn je gefragt. Als Manager für eine bessere, gesündere Region. Beispiele dafür gebe es bereits in Hülle und Fülle. Neue Geschäftsfelder und Lebensmodelle müssen entworfen, umgesetzt und immer weitere optimiert werden. Ja, die Menschheit ist gefordert. Rund um den Globus. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, der Raubbau an unserem geliebten Planeten Erde muss ein Ende haben. Besser heute als morgen! 

 

 

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