Wort das Jahres: Funklochgipfel!
Fürs Schorschla ist es aktuell das Wort das Jahres: Funklochgipfel! 14 Buchstaben, die man förmlich in die Welt hinausschreien möchte. FUNKLOCHGIPFEL. Der Hintergrund und die Bedeutung dieser Vokabel ist jedoch durchaus traurig. Denn das Treffen dieser Expertenrunde im Auftrag der Bundesregierung ist im Grunde ein Armutszeugnis in Sachen Zukunftsplanung. Wobei man klarstellen muss: Die Fehler machen nicht die Damen und Herren, die sich aktuell in Meseberg zusammengesetzt und sich die Köpfe heißgeredet haben, sondern diejenigen, die vor zehn oder auch zwanzig, vielleicht sogar 25 oder 30 Jahren eine Entwicklung verschlafen oder zumindest auf die lange Bank geschoben haben. Mit katatrophalen Konsequenzen. Oder wie es der Kolumnist Sascha Lobo – der mit den bunten Haaren – auf Spiegel online perfekt beschreibt. „Das Handynetz in Deutschland ist so spektakulär schlecht, dass schon der Begriff „Funkloch“ eine beschönigende Unverschämtheit ist. Eigentlich muss man von Empfangsinseln im Offline-Meer sprechen“.
Recht hat er. Zumindest auf dem Lande. Die Mobilfunkversorgung außerhalb der Großstädte ist hierzulande schrecklich lückenhaft und langsam. Und im internationalen Vergleich vor allem auch sehr teuer. Das geht so weit, dass die Deutsche Bahn in Bayern auf ihren Flatscreens im Zug eine eigene Anzeige für „Kein Netz“ einprogrammiert hat. Zumindest ehrlich!
Eine aktuelle Studie zur durchschnittlichen LTE-Geschwindigkeit im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion zeigt: Von 32 untersuchten Mobilfunk-Konzernen in Europa landen die drei deutschen Anbieter auf Platz 29, 30 und 32. Wirtschaftsminister Altmaier hat die Schuldigen längst ausgemacht: die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Schröder und ihre Lizenzversteigerung.
Die Älteren unter den Schorschla-Leserinnen und –Lesern wird der Name Christian Schwarz-Schilling noch etwas sagen. Dieser Herr war seit 1982 Postminister unter Helmut Kohl und brachte das deutsche Handynetz Ende der Achtzigerjahre auf den Weg. Beteiligt war er an einer Kupferkabelfirma und nicht an einer Glasfaserfirma. Leider. Entsprechend schrieb der SPIEGEL im Zusammenhang mit der Handy-Lizenzvergabe vor 30 Jahren von einem „Festival der Lobbyisten“.
Die Bundesnetzagentur definiert einen Internetzugang mit 56 Kilobit pro Sekunde als „offiziell ausreichend“ bzw. „funktional“. Die Bundestagsabgeordnete und Netzspezialistin Anke Domscheit-Berg hat ausgerechnet, dass mit dieser Geschwindigkeit der Aufruf der Webseite mit dem Beschwerdeformular der Bundesnetzagentur rund neun Minuten dauert.
Blicken wir abschließend einmal auf die Preise: Für ein Gigabyte zahlt man in Deutschland durchschnittlich 6,14 Euro. In Schweden sind es 3,23 €, in Frankreich 2,64 €, in Finnland 1,02 Euro. In Polen verkauft der billigste Anbieter das Gigabyte für weniger als 12 Cent. Nicht nur Sascha Lobo kann da nur wütend mit dem Kopf schütteln. Wenn man auf dem Smartphone per Mobilfunk die erste Staffel der deutschen Serie „Dark“ auf Netflix in HD streamen wollte und in Berlin wohnt – dann wäre es billiger, mit dem Taxi nach Polen zu fahren und dort zu schauen als zu Hause. Ja, der Funklochgipfel hat durchaus seine Berechtigung …