Das Recht auf Kunstfreiheit
Es ist traurig, aber leider wahr: Wir sind alle ein bisschen gaga! Jüngstes Beispiel: In Berlin wollte eine Mutter ihre Tochter in den Berliner Knabenchor einklagen. Gottseidank ist sie aber vor Gericht gescheitert. Die Neunjährige sei stimmlich einfach nicht geeignet, erklärt der Richter. Das Recht auf Kunstfreiheit überwiege bei der Entscheidung des Chors, das Mädchen abzulehnen. Das Klangbild des Chors habe Vorrang.
Es Schorschla kann bei solchen Nachrichten nur ungläubig mit dem Kopf schütteln. Man stelle sich nur einmal folgende Geschichte vor: Dem Schorschla seine Eltern hätten vor rund 40 Jahren einen Antrag ans Eichendorff-Gynasium – bekanntlich eine reine Mädchenschule – gestellt, weil dann der Schulweg für den kleinen Georg kürzer und sicherer gewesen wäre. Der Brief wäre wohl schneller in den Müll geflogen, als man diesen in den Briefkasten gesteckt hätte. Und natürlich völlig zu recht. Es ist nicht nämlich alles männer- oder frauenfeindlich, was nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben wurde. Nein, es gibt einfach Bereiche, Dinge und Lebenssituationen, da sind die „Männchen“ und die „Weibchen“ einfach gerne unter sich. Weil’s einfach so sein soll. Und weil’s schon immer so war. Punkt. Aus. Schluss!
Dieses ständige Klagen wegen absoluter Bagatellen bringt es Schorschla noch um den Verstand. Dabei geht es gar nicht alleine um das Genderthema. Nein. Das Grauen der allgegenwärtigen Rechtsschutzversicherungen – ich zahl seit Jahren ein, jetzt will ich auch mal Klagen – und Dauer-Querulanten schaden einfach dem Gemeinwohl. Um jetzt nicht gleich wieder alle Gerechtigkeitsfanatiker gegen sich aufzubringen, eine kurze Erklärung. Wenn es Schorschla zum Beispiel in der Sandstraße wohnen würde, seit vielen, vielen Jahren, und die Lärmbelastung jedes Jahr kontinuierlich anstiege, dann wäre es doch das gute Recht, dass es sich darüber beschwert: Zuerst bei den Gastronomen, sollte dies nicht helfen bei der Stadt und als letzten Ausweg möglicherweise auch im Namen aller Anwohner mit rechtlichen Mitteln.
Das würden viele Bamberger sicher auch so verstehen und unterschreiben. Völlig anders liegt aber der Fall, wenn Personen in eine beliebte und belebte Kneipenstraße ziehen und noch bevor der Kleister an den Wänden richtig getrocknet ist, die Polizei rufen und Klagen aufsetzen lassen. Und genau das ist leider viel zu oft der Fall.
Es Schorschla ist ein Freund der gegenseitigen Rücksichtnahme, Respekt ist für den Schreiber dieser Zeilen die Basis eines sinnvollen Zusammenlebens. Wieso man aber notorischen Streithanseln und egoistischen Spaßbremsen und Grantelhubern heutzutage immer mehr Beachtung zukommen lässt, kann und will sich dem Schorschla einfach nicht erschließen.
Noch einmal zurück nach Berlin. „Nicht geeignet“, urteilte Chorleiter Kai-Uwe Jirka nach dem Vorsingen des Mädchens. In einer eigens von der Mutter (und Anwältin) geforderten Stellungnahme begründete er im März 2019 auch schriftlich die Ablehnung. „Eine gute Stimme, aber keine Spitzenbegabung“, hieß es darin. Geschlechtsfragen, so Jirka, hätten bei der Ablehnung keine Rolle gespielt. Trotzdem stand in dem Schreiben zu lesen: „Die Stimme eines Jungen ist bis zum Stimmbruch mit etwa 13 Jahren unvergleichbar mit der Stimme eines Mädchens, die sich früher (und nicht so extrem) verändert“. Dank Körperwachstum und einiger Testosteronschübe klinge die Jungenstimme dann am schönsten – „ein letzter Schwanengesang“ bevor sie dann ins Krächzen übergehe.
„Die Aussicht, dass ihre Tochter im Chor aufgenommen werde, sei so groß wie etwa die eines Klarinettisten, in einem Streichquartett zu spielen – nämlich null“, stand in dem Ablehnungsbrief zudem Schwarz auf Weiß zu lesen. Was zweifellos eine ausgesprochen respektlose und dumme Formulierung eines aus- oder vielleicht auch eingebildeten Chorleiters darstellt. Und vielleicht der eigentliche Grund für die Hauptstadt-Chor-Posse war …
PS: Die Meinung vom Schorschla muss nicht immer mit der der Redaktion übereinstimmen.