Komiker als Präsident?
Es ist zweifelsohne ein Krisenherd: Die Ukraine. Vor allem die Auseinandersetzung auf der Krim sorgt seit Jahren für internationale Schlagzeilen, auch innenpolitisch geht es drunter und drüber. Den Meldungen – egal von welcher Seite auch immer – mag und kann man keinen Glauben schenken und Wladimir Putin und seine Kreml-Vertrauten ist das ganze Hin und Her im Nachbarland ohnehin ein Dorn im Auge. Die abtrünnigen Regionen Donezk und Luhansk im Kriegsgebiet Donbass und der mit Gewalt niedergeschlagene Wiederstand auf dem Maidan, dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew, vor fünf Jahren, sind in den Köpfen tief verankert. Diese Revolte, bei dem mehr als 100 Menschen starben, führte ja 2014 zum Machtwechsel.
Kurzum: Die Lage ist ernst und was passt da besser, als einen Komiker als Präsidentschaftskandidaten aufzustellen. Politisch völlig unerfahren forderte der im Land bestens bekannte Schauspieler Wladimir Selenski Amtsinhaber Petro Poroschenko heraus. Und siehe da: Er gewinnt die Wahl, verpasst aber die absolute Mehrheit. So kommt es nun zu einer Stichwahl am Ostersonntag. Bleibt abzuwarten, was sich die Ukrainer dann für ein Ei ins Nest legen. Hoffentlich kein Faules, hofft es Schorschla.
Selenski kam nach Wahlnachbefragungen auf rund 30 Prozent der Stimmen. Poroschenko landete bei nur 17,8 Prozent. Aussagekräftige Wahlergebnisse werden erst im Laufe der Nacht zum Montag erwartet. Der Machtkampf zwischen dem Komiker und dem „Schokozar“, wie Poroschenko wegen seines Süßwarenimperiums genannt wird, dürfte aber spannend bleiben. Beide Seiten werben um die Wähler der unterlegenen Lager. Zum Beispiel im Umfeld von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, die laut Prognosen gut 14 Prozent der Stimmen erhielt.
Umfragen hatten Selenski im ersten und im zweiten Wahlgang als Sieger gesehen. Er spielt in der populären Fernsehserie „Sluha narodu“ – Diener des Volkes – seit Jahren einen bodenständigen und ehrlichen Präsidenten. Dabei prangert er etwa die Korruption an. In der Ex-Sowjetrepublik ist der Frust bei vielen Menschen über fehlende Fortschritte groß. Die rund 30 Millionen Wahlberechtigten übrigens konnten unter 39 Kandidaten wählen, viele hatten mit dem 80 Zentimeter langen Stimmzettel zu kämpfen, wie Reporter der Deutschen Presse-Agentur beobachteten. Der Komiker Selenski zeigte sich bestens gelaunt und nahm es mit Humor. „Wir sind ein demokratisches Land. Je mehr Kandidaten, umso besser. Das bedeutet mehr Demokratie“, erklärte er bei der Stimmabgabe.
Ist diese Wahl ein Fingerzeig auch für Europa und weit darüber hinaus?
In Italien wird Regierungschef Giuseppe Conte von der Fünf-Sterne-Bewegung um den gelernten Buchhalter und Kabarettisten Giuseppe Piero „Beppe“ Grillo unterstützt und im Amt gehalten, das politische Leben im Vereinigten Königreich von Großbritannien erinnert derzeit ohnehin an Büttenreden und Karnevalsvereine. Der „Ober-Spaßvogel“ sitzt seit zwei Jahren im Weißen Haus, da klopfen sich Herr Putin und seine Oligarchen-Kumpel sicherlich immer wieder die Schenkel im Kreml blutig. Ein Rundblick in europäische, afrikanische, südamerikanische Regierungspaläste, dazu noch ein paar spaßige Scheichs, ein Herr Erdogan und auch ein bisschen chinesische Machthaberei – immer mit einem freundlichen Lächeln – sorgen für Unterhaltung auf hohem politischen Niveau. Vielleicht könnte ja ein Hape Kerkeling oder auch ein Thomas Gottschalk – sofern in seinem Schatten dann auch ein Pöstchen für Günther Jauch abfallen würde – in den Ring werfen und unsere Bundesrepublik in Sachen politischem Humor ein bisschen nach vorne bringen. Dann wäre ein Blick in die Zukunft doch rosig. Ja, Humor ist, wenn man trotzdem lacht …
PS: Die Meinung vom Schorschla muss nicht immer mit der der Redaktion übereinstimmen.