...oder lieber gleich geschlechtsneutral?
LIEBE LESENDE,
das WOBLA muss sich an dieser Stelle ausnahmsweise einmal selbst loben. Bereits für die Premierenausgabe im September 1981 wählte das weitsichtige Gründerteam einen genderneutralen Titel: Nicht „Die Wochenpost“, nicht „Der Mittwochsspiegel“. Nein! Das WOBLA! Was für ein Weitblick! Und dann erst die beliebte Rubrik auf Seite 3 schreibt nicht „Die Humsera“ und nicht „Der Heinrich“, sondern „Es Schorschla“. Neutraler geht’s ja kaum!
Die Stadt Hannover kann da nur neidisch nach Bamberg blicken. Denn in der ehemaligen EXPO-Stadt entwickelte man jetzt einen Leitfaden für eine geschlechtsneutrale Amtssprache. "Stadt Hannover schafft Geschlechter ab" wurde vergangene Woche in vielen Blättern und Nachrichtensedungen gemeldet. Der „Bayernkurier“ sieht die Stadt "Im vollen Galopp auf den Gender-Abgrund" zureiten, und die „Bild“ verkündet, dass "Gender-Gaga jetzt neue Amtssprache in Hannover" sei.
Auslöser der Aufregung ist ein fünfseitiges Schreiben des Oberbürgermeisters mit Empfehlungen. Interessant und neu daran ist der Wunsch, dass traditionelle Formen der geschlechtergerechten Sprache – also männlich-weibliche Doppelformeln wie "Wählerinnen und Wähler" und Sparschreibungen wie "Wähler/-innen" – dabei außen vor bleiben. Stattdessen liegt der Schwerpunkt zukünftig auf geschlechtsneutralen Formulierungen, die das Geschlecht der bezeichneten Personen nicht näher bestimmen: substantivierte Partizipien ("Wählende", auch in zusammengesetzten Wörtern wie "Wählendenverzeichnis"), adjektivische Partizipien mit geschlechtsneutralen Personenbezeichnungen ("die antragsstellende Person" statt "der Antragsteller"), verbale Paraphrasen ("wer die Bauleitung hat, soll …" statt "der Bauleiter soll …") oder die direkte Ansprache der Lesenden ("Ihr Name", statt "Name des Antragsstellers").
Das soll modern sein, von sprachlicher Gleichstellung ist die Rede. Es Schorschla hält das ehrlich gesagt für Quatsch. Wir haben doch ganz andere Probleme. Möchte man davon ablenken? Oder möchten wieder einmal irgendwelche Gutmenschen sich für Mitbürgerinnen und Mitbürger einsetzen, die bislang gar nicht gewusst haben, dass sie bei der Anrede überhaupt ein Problem gehabt haben?
Wir verschandeln einfach Schritt für Schritt unsere Sprache. Dabei ist es ganz egal, ob man Wählende, Wähler_innen oder das wunderbare Gendersternchen einsetzt. Dessen „Aufstieg“ begann ja2015, als die Grünen beschlossen, Anträge auf Parteitagen in Zukunft nur noch zu behandeln, wenn sie mit eben diesen Gendersternchen formuliert seien. Es gibt noch das gerne verwendete „Binnen-I“ ("WählerInnen"), welches aber angeblich den Dualismus Mann–Frau nicht überwinden könne. Kein Scherz!
Just in dieser Zeit planen Bayerische Grundschulen Toiletten für ein drittes Geschlecht. Also drei Türen - eine für Mädchen, eine für Jungen und eine für das sogenannte dritte Geschlecht. Die Schulen reagieren mit ihren Überlegungen auf ein Urteil des Verfassungsgerichts, das wiederum einen Beschluss des Bundestages Ende vergangenen Jahres zur Folge hatte: Demnach muss es im Geburtenregister eine weitere Option geben. Menschen, die sich weder als Frau noch als Mann fühlen, können sich als "divers" bezeichnen. Unter Fachleuten ist der Vorstoß allerdings umstritten. Ihm seien keine ernstzunehmenden Untersuchungen oder Studien bekannt, die nachweisen, dass bereits Grundschulkinder sich der Geschlechterdifferenzierung bewusst sind, sagt der Münchner Kinderpsychologe Klaus Neumann. Außerdem ließe sich Diskriminierung selbst bei mehr als drei Toiletten nicht aus der Welt schaffen. Vielleicht geht der Trend ja auch in eine ganz andere Richtung: Unisex. Das wird in vielen Nobelclubs rund um den Globus praktiziert – mit großem Erfolg. Es fördert die Kommunikation – geschlechterübergreifend. Lieber miteinander statt gegeneinander – alle gemeinsam statt strikt getrennt!