„Die fetten Jahre sind vorbei“, orakelte SPD-Möchtegernkanzler Olaf Scholz vor wenigen Tagen. Und nicht nur seine Parteikollegen schüttelten bei diesem Interview ungläubig mit dem Kopf.
Was aber gar nicht Thema dieser Kolumne sein soll. Denn auch Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) möchte den Verbrauchern lieber heute als morgen ans Fett gehen. Aber natürlich mit einer ganz anderen Intention. Ihr geht es um die Gesundheit ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger, um nachhaltige Lebensmittel, um eine Ernährung 3.0.
Schnell zubereitet, gesund und auch noch lecker. Ja, wenn es ums Essen geht, haben die Deutschen einer aktuellen Umfrage zur Folge hohe Ansprüche. Leider halten sich aber im Alltag nur die wenigsten an diese durchaus sinnvollen Qualitätskriterien, wie die Studie im Auftrag der Bundesregierung deutlich macht. So gaben neun von zehn Befragten an, dass es ihnen beim Essen auf die Gesundheit ankommt. Trotzdem liegen Fertiggerichte laut Klöckner voll im Trend.
Passend zum Jahresanfang und der Schwemme an guten Neujahrsvorsätzen möchte Frau Klöckner gemeinsam mit der Lebensmittelbranche den Gehalt von Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten reduzieren. Allerdings bringe es nichts, den Zuckergehalt von heute auf morgen zu halbieren, so die CDU-Politikerin. Die gesünderen Produkte drohten dann zu Ladenhütern zu werden. "Am Ende wird es alles nichts bringen, wenn es nicht schmeckt", so Klöckner.
Der Geschmack ist dem aktuellen Ernährungsreport zufolge das wichtigste Kriterium. Nicht weniger als 99 Prozent der Befragten gaben an, darauf besonderen Wert zu legen. Die Hälfte achte zudem auf eine einfache Zubereitung, etwas weiter hinten stehen der Kaloriengehalt und Preis.
Beim „Googeln“ ist es Schorschla übrigens über einen Fall gestolpert, der alle gut gemeinten Vorsätze sofort über den Haufen wirft. Das Trendgetränk „Lemonaid“ ist in den Fokus der Gesundheitsbehörden geraten: Sie bemängeln, dass in der Fairtrade-Limo des Hamburger Herstellers zu wenig Zucker steckt. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte droht „Lemonaid“ in einem offiziellen Schreiben, dem Durstlöscher den Status als Limonade abzuerkennen. In dem Schreiben, das dem SPIEGEL vorliegt, heißt es, dass als Limonade nur solche Getränke vertrieben werden dürfen, die einen Gesamtzuckergehalt von mindestens sieben Gewichtsprozent aufweisen. Eine Lemonaid-Flasche enthalte aber nur sechs Prozent Zucker - und trage damit den Titel Limonade zu Unrecht. "Sofern die Rezeptur der Probe unverändert bleibt, kann folglich für die Probe ausschließlich eine beschreibende Bezeichnung angegeben werden. Die Bezeichnung als 'Limonade' ist nicht möglich", schreibt die Behörde. Die Lemonaid-Geschäftsführung reagiert mit Unverständnis auf den Bescheid. "Wir verkaufen seit Jahren unsere Getränke mit weniger Zucker, und nun sollen wir unserem Produkt mehr Zucker zusetzen, damit wir es weiterhin als Limonade verkaufen dürfen. Das ist absurd", schimpft Lemonaid-Gründer Felix Langguth.