Interview mit Nora Gomringer
der o-ton
Heute im Gespräch: Künstlerhaus-Direktorin Nora Gomringer
„Das war großer Bahnhof damals“
Nora Gomringer, geboren 1980, ist Schweizerin und Deutsche. Sie ist Lyrikerin und schreibt für Radio und Feuilleton, veröffentlicht Kolumnen und Essays. Und natürlich – für Bamberg am Wichtigsten – seit 2010 Direktorin des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia. Was der Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin in ihrer Wahlheimat Bamberg besonders gefällt und auf was Sie sich im Jubiläumsjahr besonders freut, erklärte Nora Gomringer im WOBLA-Gespräch.
WOBLA: Erst einmal herzlichen Glückwunsch zu 15 Jahren Künstlerhaus-Direktorin. Das sind fast 5500 Tage. Welche davon sind Ihnen in besonders guter Erinnerung?
Nora Gomringer: Vielen Dank für den Glückwunsch! Meine Einführung fällt mir sofort ein! Das war großer Bahnhof damals und sehr feinfühlig geplant von meinem Amtsvorgänger Dr. Goldmann und den Mitarbeitern des Künstlerhauses. Dann sind es oft sehr fröhliche Zusammenkünfte mit Stipendiaten, Mitarbeitern und Mitgliedern des Freundeskreises, die mir geblieben sind und die ersten Baby-Geburten, die ich als Direktorin quasi miterleben durfte. In meinen ersten vier Jahren ist in jedem Jahr ein Kindlein zur Welt gekommen. Und – vielleicht klingt es schräg, aber in der Corona-Zeit waren wir kein Veranstaltungshaus, sondern eine Art TV-Redaktion und haben eine Serie gedreht über unsere Stipendiaten. Daran habe ich tolle Erinnerungen, weil uns das allen Hoffnung und eine Aufgabe gegeben hat und den Künstlern Zuversicht. Das Ergebnis ist immer noch auf YouTube anzusehen. Und die neueste Freude: Wir haben uns eine Graphic Novel quasi „auf die Haut“ schreiben lassen. Ein exklusiver erzählender Comic von Bettina Schipping: „Der goldene Knopf“. Den gibt’s nur im Künstlerhaus, dafür kostenlos, solange der Vorrat reicht.
Wer die Feuilletons der großen deutschen Zeitungen verfolgt, liest immer wieder Ihren Namen. Auszeichnungen, Ehrungen und Preise, internationale Projekte und Aufführungen auch auf großen internationalen Bühnen gehören für Sie zum Tagesgeschäft. Geben Sie unseren Leserinnen und Lesern doch einmal einen kurzen Einblick in Ihr künstlerisches Schaffen.
Nora Gomringer: Wie aufmerksam! In der Tat versuche ich, mein eigenes künstlerisches Leben mehrheitlich von Bamberg getrennt zu leben. In Bamberg bin ich Direktorin des Künstlerhauses und freue mich, anderen Künstlern bei der Erfüllung ihrer Pläne behilflich zu sein. Gerade selbst als Künstlerin bin ich mit meiner Band unterwegs in Sachen Annette von Droste Hülshoff. Wir haben ein kleines Lese-Musical im Gepäck und bringen es nach Paderborn und vielleicht Japan in diesem Jahr. Dort gibt es – erstaunlicherweise - auch Germanisten, die Annette lieben. Ansonsten arbeite ich nach viel Lyrik an einem ersten langen erzählenden Text. Nach dem Tod meiner Mutter vor vier Jahren war ich ganz schön gelähmt und musste geduldig warten, bis mich die Muse wieder geküsst hat.
Eine besondere Freude für Sie ist immer die Begrüßung und Zusammenarbeit mit den Stipendiaten, die ja immer ein halbes oder ein Jahr in der Villa Concordia leben und sich hier künstlerisch entfalten dürfen. Mitte Mai werden Sie den neuen Jahrgang an Künstlerinnen und Künstlern aus der Türkei und Deutschland in Ihrem Haus begrüßen. Immer wieder ein ganz besonderer Moment?
Nora Gomringer: Sehr spannend! Da erleben die Bamberger ja zum ersten Mal, wer da eigentlich eingezogen ist und jetzt in der so hochherrschaftlich aussehenden Concordia und am Neuen Ebracher Hof wohnen darf auf Einladung des Kunstministers von Bayern. Gäste aus der Türkei hatten wir noch nie. Es haben sich die Generalkonsulin aus Nürnberg, Frau Cebeci, und Herr Oberbürgermeister Starke für den 14. Mai angemeldet. Auch Mitglieder des Kuratoriums, das den Minister bei seiner Auswahl berät. Ich hoffe, dass es ein lockeres Gespräch wird und dass jeder, der neugierig auf „die Neuen“ ist, einfach vorbeikommt. Unsere Veranstaltungen sind immer eintrittsfrei.
Ihr Vorgänger im Amt, Dr. Bernd Goldmann, war der Ideengeber für die Großplastik-Ausstellungen von Botero, Avramidis, Mitoraj, Wortelkamp, Luginbühl, Lüpertz, Plensa und Chafes. Sind weitere derartige Ausstellungen in Planung oder ist dieses Kapitel abgeschlossen?
Nora Gomringer: Tatsächlich wünschte sich das Ministerium, dass diese Pläne nicht fortgeführt würden. Ich habe das bedauert, hatte ich selbst doch ein paar Ideen ins Vorstellungsgespräch in München mitgebracht. Aber verstanden habe ich es auch. Es ist genau richtig, dass die Stadt Bamberg sich – vor allem nach der begonnen Tradition und des dankenswerten großen Engagements des Vereins früher – als verlässlicher Partner für Dr. Goldmanns Vorschläge begreift und dann ja auch nutznießt. Die Stadt hat an Wert und Ruhm gewonnen durch die international anerkannte moderne Kunst, die das Stadtbild prägt.
Das Jahr 2025 ist noch jung, gerade die Feste und Veranstaltungen im Villa-Concordia-Garten sind ja den Gästen aus nah und fern immer ein besonderes Erlebnis. Auf was dürfen sich die WOBLA-Leserinnen und Leser in diesem Jahr noch freuen, welche Projekte und Ausstellungen können Sie Kunstinteressierten besonders ans Herz legen?
Nora Gomringer: Schon am 7. Mai eröffnen wir die Ausstellung der irischen Malerin Mairead o’Eocha. Während ihres Stipendiums (bis März 2025) war sie so beschäftigt, dass wir planten, sie sogleich zurückzuholen. Und schon ist sie da! Wir gehen in der Veranstaltungsplanung mit den Stipendiaten und in deren Tempo ins Jahr hinein, deshalb entwickelt sich unser Kalender erst nach und nach. Da lohnt sich ein Blick auf www.villa-concordia.de.
Zum Foto: Ein echter Hauptgewinn für Bamberg: Nora Gomringer ist seit 15 Jahren Direktorin des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia.
Fotoquelle: Internationales Küsterhaus