Früher hell und eher dunkel

EU findet keine gemeinsame Position

Früher hell und eher dunkel

War sie nicht wunderbar, diese Nacht von Samstag auf Sonntag? Eine Stunde länger schlafen – oder zumindest faulenzen im Bett. Von vielen unbemerkt stellten sich die elektronischen Uhren am Sonntag pünktlich um 3 Uhr wieder zurück auf 2 Uhr – ein Hauch von täglich grüßt das Murmeltier. Es Schorschla beobachtet die Diskussionen über diese verlorene – oder gewonnene – Stunde seit Jahrzehnten und wundert sich immer wieder über die Emotionen bei diesem Thema. Da klagen Menschen voller Inbrunst über die „negativen gesundheitlichen Auswirkungen“ und den „unsäglichen Angriff auf ihren Biorhythmus“ und erzählen im nächsten Moment von ihrem wunderbaren Thailand-Urlaub – wo die Uhren bekanntlich fünf Stunden weiter sind.

Es Schorschla sieht dieses Stunde hin, Stunde her eher pragmatisch-humorvoll. Und hätte eine Millionenfrage für Herrn Jauch. Wenn Zwillinge in dieser Nacht geboren werden, der erste um 2.50 Uhr und der zweite – nach der Zeitumstellung – 20 Minuten später um 2:10: Wer ist dann der Ältere? Das sind die wirklichen Probleme unserer modernen Zeit. Aber egal, konzentrieren wir uns auf die Fakten: Die Nacht von Samstag auf Sonntag war eine Stunde länger. Ab jetzt herrscht wieder Winterzeit – oder genauer: Normalzeit.

Die Atomuhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig sendete pünktlich zum Wechsel um 2.59 Uhr über einen Langwellensender ein Zeichen. Dann sprangen alle Funkuhren automatisch wieder auf 2.00 Uhr zurück. Auch Smartphones zeigten in der Regel automatisch die neue Uhrzeit an. Für alle, die manuell umstellen müssen, und es noch nicht getan haben: der kleine Zeiger muss eine Ziffer zurückgedreht werden. Und: Nach der Zeitumstellung ist es ab sofort morgens wieder früher hell und abends eher dunkel. Weshalb der ADAC alle Autofahrer um mehr Vorsicht aufgrund von Wildwechsel bittet. Denn das wilde Waldgetier kennt keine Zeitumstellung.

Ein Blick in die Historie: Die Sommerzeit wurde 1980 in Deutschland eingeführt. Das Vorstellen der Uhr im Frühjahr sollte zum Energiesparen in der hellen Jahreszeit beitragen, was sich aber in der Praxis als Trugschluss erwiesen hat. Sowohl Energieverbände  als auch das Umweltbundesamt  geben an, warum die Rechnung nicht aufgeht: In den Sommermonaten wird wohl tatsächlich abends das Licht weniger häufig angeschaltet. Leider ist es im Frühling und Herbst aber recht kühl, wenn die Leute dann aufstehen müssen, und so wird mehr geheizt.

Erschwerend hinzu kommt, dass empfindliche Erwachsene und Kinder die Zeitumstellungen nicht gut verkraften. Sie leiden unter Schlafstörungen und mangelndem Appetit. Auch Tiere belastet die Veränderung. So können beispielsweise Bauern Melk- oder Fütterungszeiten nicht sofort anpassen.

Viele Bürgerinnen und Bürger befürworten deshalb ein Ende der Zeitumstellung. Und war da nicht sogar mal eine europaweite Bürgerbefragung, in der sich die Mehrheit gegen eine Fortführung des „time-switch“ aussprachen? Ja, richtig. Es Schorschla hat kurz gegoogelt: Im Jahr 2018 befragte die EU-Kommission die Bürger zu diesem Thema. 84 Prozent waren für ein Ende des Wechsels zwischen Sommer- und Winterzeit. In Deutschland war die Zustimmung besonders groß. Der ehemalige europäische Kommissionschef Jean-Claude Juncker verkündete noch im gleichen Jahr im deutschen Frühstücksfernsehen ein Ende der Zeitumstellung: „Die Menschen wollen das, wir machen das“, sagte er. Das EU-Parlament stimmte dem daraufhin folgenden Vorschlag der EU-Kommission im März 2019 zu und sprach sich dafür aus, die Zeitumstellung 2021 abzuschaffen. Aber warum passiert nichts: Ganz einfach und typisch für unsere hohe Politik. Die EU-Länder müssen noch klären, ob sie dauerhaft Sommer- oder Winterzeit wollen. Bislang haben die Regierungen im Rat der EU keine gemeinsame Position gefunden. Und es Schorschla fragt sich: Wenn man in solchen marginalen Punkten zu keinem umsetzbaren Ergebnis kommt, wie soll man dann auf europäischer Ebene die wirklich wichtigen Probleme lösen?

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