Genießt mal den Moment nur für Euch
Traumfotos im Herzen speichern
Kennen Sie 900-Seelen-Dörchen Pomfret? Vom Namen her wohl kaum. Es liegt idyllisch im US-Bundesstaat Vermont. Sehr idyllisch. So idyllisch, dass es schon zur Plage wird. Denn gesehen haben Sie Pomfret sicher schon. Pomfret ist der bildgewordene Herbst, das Motiv der kleinen historischen Farm im Niemandsland und der bunt-gefärbte Wald im Hintergrund ziert tausende Postkarten, Internetseiten und Werbeannoncen. Fast eine Million Besucher wollen jedes Jahr diese Szenerie auf ihren Handys oder Profikameras einfangen. Jetzt sagt das ganze Dorf NEIN und greift rigoros durch.
Denn Pomfret hat genug von Influencern und Hobbyknipsern. Angefangen hat der ganze Wahnsinn vor ein paar Jahren in den sozialen Medien. Dann ist alles ganz schnell aus dem Ruder gelaufen, erklären die Einheimischen der BBC. Es Schorschla hat das Örtchen mal gegoogelt und tatsächlich: Die Farm, gesäumt von stattlichen Ahornbäumen, die in allen nur denkbaren Rot- und Orangetönen leuchten. Ohne Zweifel ein fotografischer Hotspot und nachvollziehbar eines der beliebtesten Fotomotive des US-Bundesstaats.
Der US-Bundesstaat Vermont ist berühmt für seine Wälder, deren Blätter sich im Herbst orange-rot-golden färben. Es gibt online »Foliage Forecaster«, auf Deutsch so viel wie »Färbungsradare«, die über den Zustand der Blätterfärbung in den Wäldern informieren – damit man im richtigen Moment da ist. Und nicht zu früh oder zu spät anreist und das Farbenspektakel verpasst.
Der Herbst verwandelte auch Pomfret jedes Jahr in ein Idyll – bis die Influencer kamen. »Es ist ein wunderschöner Ort. Schade, dass er für alle ruiniert wurde«, trauert Deborah Goodwin, die Ausstellungskoordinatorin des Artistree Community Arts Center in Pomfret gegenüber der BBC den guten alten Zeiten nach. »In den vergangenen Jahren ist es außer Kontrolle geraten. Die Reisebusse haben die Leute dort einfach abgeladen.«
Die Social-Media-Influencer stellten Umkleidekabinen auf, um ihre zahlreichen Kostümwechsel absolvieren zu können, auf der schmalen Schotterstraße blieben immer wieder Fahrzeuge stecken. Selbst Straßensperrungen und Geldstrafen könnten den Wahnsinn kaum eindämmen. Weshalb es Schorschla sich um das Dörfchen im amerikanischen Niemandsland kümmert? Es ist nur ein Beispiel für eine ausufernde Respektlosigkeit. Auch in Deutschland haben Einwohner in der Zugspitzregion am Eibsee zuletzt Maßnahmen gegen Touristen gefordert, die in Tausenderscharen aufgrund von Social-Media-Postings in die Region pilgerten. Auf Mallorca besetzten im Juni 300 wütende Mallorquiner die kleine Bucht »Caló des Moro«. Sie ist eine beliebte Fotokulisse – und dementsprechend oft überfüllt. Und selbst in Bamberg gibt es inzwischen immer wieder Ärger mit Fotografen, die die Privatsphäre der Anwohner ignorieren, um das perfekte Welterbefoto zu schießen. Ja, es gibt wunderbare Plätze auf unserem Globus. Auch im WOBLA-Land. Diese in aller Ruhe genießen zu können und dürfen, ist ein großes Privileg. Ein echter Luxus.
Deshalb eine kleine feine Bitte vom Schorschla zum Herbstanfang: Postet nicht alles, sondern genießt die außergewöhnlichen Momente auch mal nur für Euch. Erzählt nur Euren besten Freundinnen und Freunden davon. Das nannte sich früher einmal Geheimtipp. Und das ist viel nachhaltiger und liebenswerter als irgendwelche Massenposts im world wide web!