Attentat auf Trump
Meinungsverschiedenheiten löst man nicht mit Kugeln
Es war schon eine irre Szene, als der eben angeschossene Ex-(und vielleicht bald wiedergewählte)-US-Präsident Donald Trump mit blutendem Ohr die Faust kämpferisch in die Luft reckte und gleichzeitig von Secret-Service-Agenten in einen bereitstehenden Kleinbus geschoben wurde. Es Schorschla – eben auf der Wohnzimmercouch etwas eingenickt – wischte sich Samstagnacht ungläubig den Schlaf aus den Augen. Nein, das war kein Film. Kein Science Fiction. Sondern bittere Realität. In Butler, einem 14.000 Einwohner-Städtchen in Pennsylvania, hatte der 20-jährige Thomas Matthew Crooks eben mehrere Schüsse auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten abgegeben, bevor er selbst von den Sicherheitskräften erschossen wurde. Das Motiv des Attentäters war auch am Dienstag noch unbekannt, die unterschiedlichsten Gerüchte verbreiteten sich da schon wie Lauffeuer in den sozialen Netzwerken.
Trump habe das komplette Attentat inszeniert, um mit dem Märtyrer-Image auf Stimmenfang gehen zu können, war aus dem Demokratenlager zu hören. Das krasse Gegenteil kommt von den Republikanern: Joe Biden habe den Auftrag gegeben, die Linken setzen voll auf Bürgerkrieg.
Beides wohl absoluter Schwachsinn. Aber es spaltet das Land der unbegrenzten Möglichkeiten immer tiefer. Der heimtückische und Gott-sei-Dank gescheiterte Anschlag hat die Wahlkampfsituation auf jeden Fall verändert – nur in welche Richtung und mit welchen strategischen Konsequenzen ist noch offen. Der Historiker Timothy Garton Ash verkündete beim Anblick des verletzten, die Faust reckenden Trump: „Dieses Bild könnte die Geschichte der Welt verändern.“ Steve Schmidt, ehemaliger Republikaner und 2019 Mitgründer des „Lincoln Project“ gegen Trumps Wiederwahl, schrieb, die Konsequenzen des Anschlags würden sich als „immens“ erweisen und Trump nützen. Der ehemalige Präsident habe auf den Angriff reagiert wie einst Teddy Roosevelt, der 1912 mit einer Kugel in der Brust eine Wahlkampfrede zu Ende gehalten hatte.
Der republikanische New Yorker Kongressabgeordnete Brandon Williams drückte die Gefühle vieler Trump-Wähler aus, als er auf der Plattform X schrieb, Gott habe mit dem Überleben Trumps „die Republik gerettet“. Wissenschaftler, die die Strömungen des weißen christlichen Nationalismus beobachten, sehen sogar Versuche, Trumps Überleben als göttliche Vorsehung zu deuten. Und was sagt US-Präsident Joe Biden nach dem gescheiterten Mordanschlag? Er kündigte wenige Stunden nach dem Attentat eine Rede an die Nation an. Darin nannte er den Vorfall „krank“, und erklärte, dass er für Trump gebetet habe. In seiner kurzen, knapp fünf Minuten langen Rede wandte sich Biden an die US-Amerikaner und appellierte an den Zusammenhalt der Nation – trotz Differenz füreinander da zu sein. „Wir lösen unsere Meinungsverschiedenheiten an der Wahlurne. So machen wir es – an der Wahlurne, nicht mit Kugeln“, so Biden wörtlich.
Es Schorschla als Berufsoptimist hofft, dass diese irre Tat die US-Bevölkerung zum Nachdenken bringen wird. Eines ist klar: Hass und Häme sind keine Basis für vernünftige Entscheidungen. Diese brauchen wir aber mehr denn je – in Amerika, in Europa, in Deutschland und selbst im WOBLA-Land!