Drittgrößter europäischer Reisekonzern insolvent
Gute Reise, FTI
Es Schorschla versteht ja manchmal die Welt nicht mehr. Am Montag zum Beispiel, als die Meldung über die Insolvenz der FTI Group „über die Ticker“ lief. Wie kann denn das sein? Nach einer schwierigen Zeit während der Corona-Pandemie sah sich der nach TUI und DER Touristik drittgrößte europäische Reisekonzern doch dank gestiegener Nachfrage zeitweise wieder auf Kurs. Im vergangenen Geschäftsjahr 2022/2023 verzeichnete das Unternehmen zudem ein Umsatzplus von zehn Prozent auf 4,1 Milliarden Euro und erwirtschaftete einen Ertrag in zweistelliger Millionenhöhe, stand auch im Handelsblatt zu lesen.
Vieles erinnert da an Karstadt. Verlieren bei der FTI Group jetzt 11.000 Beschäftigte ihren Job, nur weil irgendwelche Finanzhaie oder Hedgefonds den finanziellen Kragen nicht voll genug bekommen haben?
Es Schorschla blickt nur auf die Fakten: Die FTI Touristik GmbH, die Obergesellschaft der FTI Group, stellte am 03.06.2024 beim Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Noch nicht begonnene Reisen werden deshalb ab sofort nicht mehr oder nur teilweise durchgeführt. Derzeit arbeite man aber zumindest mit Hochdruck daran, dass die bereits angetretenen Reisen auch planmäßig beendet werden könnten, teilt der Konzern mit.
So ist der 2021 gestartete Deutsche Reisesicherungsfonds am Zug. Er soll sich bei einer Pleite eines Reiseanbieters um die Erstattung der Vorauszahlungen der Kunden, gegebenenfalls den Rücktransport gestrandeter Urlauber sowie deren Unterbringung bis zum Rücktransport kümmern. Der von der deutschen Touristikwirtschaft organisierte und vom Bundesjustizministerium beaufsichtigte Fonds war nach der Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook im September 2019 gegründet worden. Die Versicherung hatte damals wegen einer Haftungsbeschränkung nur einen Bruchteil der Kosten ersetzt, der Staat sprang mit Millionen ein.
Klingt fürs Schorschla so, als ob wieder einmal der deutsche Steuerzahler für die Gier der hochbezahlten Topmanager in die Bresche springen muss.
Am Wochenende musste die FTI Touristik GmbH im Ringen um die Lösung finanzieller Probleme einen Rückschlag hinnehmen. Der Bund hatte nach Verhandlungen weitere Hilfen für Europas drittgrößten Reiseanbieter abgelehnt. Er – also im Endeffekt wir alle – hatte FTI bereits während der Corona-Pandemie mit rund 600 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds unterstützt. Davon hat FTI nur einen Bruchteil zurückgezahlt.
Ein Konsortium unter Führung des US-Finanzinvestor Certares wollte die FTI Group jetzt für einen Euro übernehmen und 125 Millionen Euro frisches Kapital in das Unternehmen stecken. Den Angaben zufolge sind jedoch die Buchungszahlen zuletzt deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. „Hinzu kam, dass zahlreiche Lieferanten auf Vorkasse bestanden haben. In der Folge kam es zu einem erhöhten Liquiditätsbedarf, welcher bis zum Closing des Investorenprozesses nicht mehr überbrückt werden konnte“, so der exakte FTI-Wortlaut.
Keine Lösung, keine Reise. Ganz einfach. Zumindest auf dem Papier. In der Praxis ist die Abwicklung bereits gebuchter Urlaube, Einzelleistungen oder Ferienausflüge dagegen hochkompliziert. Was an den extrem verschachtelten Firmenstrukturen liegt. Linke Tasche, rechte Tasche: Einzelne Internet-Plattformen von FTI sind von der Insolvenz ausgenommen, andere dagegen seit Montag komplett handlungsunfähig. Die Leidtragenden sind wieder einmal ehrliche Menschen, die sich den Jahresurlaub mit der Familie hart erarbeitet und hundertprozentig verdient haben. Sie müssen jetzt hoffen, dass sie ihre Anzahlungen erstattet bekommen und kurzfristig eine andere passende Reise finden. Ganz ehrlich: Es Schorschla ist allein vom Recherchieren reif für die Insel. Traurig, aber wahr!