Trainerabschiede
Liverpool top, Bayern flop
Die Bilder gingen jedem Fußballfan direkt ins Herz. Jürgen Klopp wurde am Samstag nach einem spielerisch bedeutungslosen 2:0-Sieg seines FC Liverpool gegen die Wolverhampton Wanderers verabschiedet. Die letzten Minuten der Begegnung wurden dabei zu einer hochemotionalen Feier, die Fans der „Reds“ sangen für ihren Trainer, der sichtlich gerührt und den Tränen nahe auf der Bank saß. Und mit Abpfiff ging es dann richtig los: Klopp verabschiedete sich schon auf der Bank innig von seinem Staff, bedankte sich bei den Fans. Dann ging es zu den Spielern aufs Feld. Nach einer langen Verabschiedung von den Spielern auf dem Feld verschwand Klopp zunächst in den Katakomben der Anfield Road.
Und natürlich kam „Kloppo“ noch einmal zurück aufs Feld. Durch ein Spalier seiner Spieler betrat der Deutsche endlich wieder den Rasen – und jetzt wurde richtig laut in Anfield. Jürgen Klopp trug einen roten Pullover mit der Aufschrift „I’ll never walk alone again“ – eine Abwandlung der Vereinshymne „You’ll never walk alone“. Was dann folgte, war echtes Championsleague-Niveau. Zum Abschied von der Anfield-Road stimmte Klopp ein Lied für seinen Nachfolger an: „Arne Slot, nanananana“, sang der scheidende Legendencoach ins Mikro und die Zuschauer taten es ihm nach. So verkündet man einen Nachfolger mit Stil. Eine große Geste. „Ich bin so glücklich, ich kann es nicht glauben. Ich bin so glücklich über die Atmosphäre, über das Spiel, darüber, Teil dieser Familie zu sein, und über uns, wie wir diesen Tag feiern“, so Klopp bei seiner Rede. „Es fühlt sich nicht wie das Ende an, sondern wie ein Start.“
Einige hundert Kilometer entfernt das gleiche Szenario. Für Thomas Tuchel endet seine aktive Zeit beim FC Bayern München. Von Feierstimmung aber keine Spur. Um 17.56 Uhr stapft der scheidende Bayern-Trainer im Schlepptau von Pressesprecher Dieter Nickles zu seiner letzten Pressekonferenz. Keine Emotionen, das war zu erwarten. Schon vor dem Spiel gegen Wolfsburg hatte Tuchel betont, dass er sich für seine Zeit beim Rekordmeister keinen Blumenstrauß wünsche. Anders als in Liverpool wurde in München über Wochen und Monate auf allen Ebenen gestichelt, kritisiert, Trainer und Team gegeneinander aufgestachelt. Nichts Neues an der Säbener Straße, auch bei Tuchels Vorgänger Julian Nagelsmann endete die zuvor als Zeitenwende gepriesene Zusammenarbeit in einem Debakel.
Aber vielleicht ist das inzwischen typisch deutsch. Es wird gejammert, geschimpft, schmutzige Wäsche gewaschen. Herzliches Feiern, ein ehrliches Lob, aufmunternde, motivierende Worte, erfrischende Aussagen und auch mal eine witzige Antwort beim Interview – alles Fehlanzeige. Ach ja, eines noch: Jürgen Klopp hat in dieser Saison auch keinen Titel mit seinen „Reds“ geholt. Aber im nachhinein interessierte das in Liverpool nicht wirklich …