Reparieren statt Wegwerfen
Reparieren statt Wegwerfen
Manchmal öffnen einem ja neue Gesetze erst die Augen. Am Dienstag vergangener Woche brachte das EU-Parlament ein Regelwerk an den Start, welches uns Verbrauchern das Recht auf Reparatur für neu gekaufte Gegenstände einräumt. Eigentlich eine erfreuliche Meldung und trotzdem schüttelt es Schorschla nur ungläubig mit dem Kopf. Warum, fragen Sie sich? Ganz einfach. Weil dies doch eigentlich selbstverständlich sein sollte!
Kurz zur Erklärung: Europaweit sollen Kunden schon bald das Recht haben, bestimmte Geräte reparieren zu lassen. Käufern muss dann also grundsätzlich eine Reparaturoption angeboten werden, solange das Produkt noch reparierbar ist. Der Status Quo ist aktuell noch ein ganz anderer: Das Handy verweigert seine Dienste nach gut zwei Jahren und es ist günstiger, sich ein neues zu kaufen, als es reparieren zu lassen. Kennen Sie alle. Großer Ärger. Halt Wegwerfgesellschaft in Reinkultur. Jetzt soll alles anders werden. „Back to the roots“, halt so wie früher.
Konkret geht es vor allem um Dinge wie Handys, Staubsauger, Wasch- und Spülmaschinen. Hersteller müssen Informationen bereitstellen, um Reparaturen auch unabhängigen Werkstätten zu erleichtern. Zudem sollen unabhängige Reparaturdienste nicht mehr am Einbau von gebrauchten oder 3D-gedruckten Ersatzteilen gehindert werden können. Ist eine Reparatur technisch nicht möglich, können Verbraucher ein Ersatzgerät bekommen. Das spart Geld und Zeit. Und ist auch noch gut für die Umwelt. In Zahlen ausgedrückt: Als die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine Umsetzung der neuen Vorgaben präsentierte, schätzte sie, dass im Verlauf von 15 Jahren 18,5 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen sowie 1,8 Millionen Tonnen Ressourcen eingespart werden und 3 Millionen Tonnen weniger Abfall anfallen dürften. Zudem muss jeder EU-Staat mindestens eine Maßnahme zur Förderung von Reparaturen einführen. Die Ausgabe von Reparaturgutscheinen ist dabei ebenso im Gespräch wie nachhaltige Informationskampagnen oder die Bereitstellung von Werkstätten und Werkzeugen. Zudem stellt das neue Gesetz klar, dass Hersteller keine Vertragsklauseln, Hardware oder Software einsetzen dürfen, die die Reparatur erschweren.
Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke zeigt sich zuversichtlich, dass die finale Zustimmung der EU-Staaten „in Kürze“ geschehen werde. Haben dann alle Institutionen zugestimmt, kann der Rechtstext im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden. Dann müssen die Vorgaben innerhalb einer Frist von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden.
Es fließt also noch etwas Wasser die Regnitz hinunter, bis dieser längst überfällige Verbraucherschutz rechtlich geregelt wird. Eigentlich schade, dass man dafür erst ein EU-Parlament braucht. Das sollte doch zur Philosophie eines vernünftigen Unternehmens gehören, dass die eigenen Produkte den Kunden möglichst lange Freude machen.
Aber es geht schon lange nicht mehr um zufriedene Käuferinnen und Käufer, sondern nur um Absatzzahlen und Umsätze: Ja, die Gier ist ein Luder!