Eis ist "Luxus für alle"

Der Wert der Kugel

Eis ist „Luxus für alle“

Haben Sie das verlängerte Osterwochenende für einen ausgiebigen Stadtbummel genutzt? Das Wetter hat ja mitgespielt, ein Hauch von Frühling lag über dem WOBLA-Land. Es Schorschla verabschiedet den Winter traditionell mit zwei Kugeln Eis im Becher und einer Waffel in der Eisdiele seines Vertrauens. Und ehrlich gesagt: Beim Zahlen ist ihm diesmal ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. 4,40 Euro – zugegeben – Premium-Sorte mit echter Bourbon-Vanille und frischen Früchten. Wenn schon, denn schon. Wie gesagt: Saisoneröffnung, da lässt man sich ja nicht lumpen. 

Aber trotzdem: Da bekommt man ja für eine Kugel ein Seidla-Bier, schoss es dem Schorschla am Ostersonntag kurz durch den Kopf, um wenige Sekunden später wieder zur Besinnung zu kommen. Nein, auch das ist Geschichte. Ein halber Liter Bier, freundlich serviert und frisch gezapft, liegt inzwischen bei rund 4 Euro. Die Energie. Die Rohstoffe. Der Arbeitskräftskräftemangel. Und dann noch der stetig steigende Mindestlohn, den unser Arbeitsminister am Wochenende im kommenden Jahr mal wieder deutlich erhöhen möchte. So um die 14 Euro wären gerecht, meint der Hubertus Heil, und vergisst dabei scheinbar, dass dieser Schritt die Preisspirale nur noch weiter ankurbeln wird.

Aber zurück zu unserem Eis. Es hat herrlich geschmeckt, war echt jeden Cent wert. Trotzdem hat es Schorschla abends ein bisschen gegoogelt und überprüft, was denn die Preistreiber beim Gelatto so sind. Und, ganz klar: Der Putin ist schuld. „Für Zucker zahle ich 60 Prozent mehr als im letzten Jahr, für Eiswaffeln 40 Prozent, bei Dextrose über 100 Prozent, und das Bindemittel Johannisbrotkernmehl kostet mich 250 Prozent mehr“, erklärt eine Eisexpertin, die prophezeit, dass sie die Kugel Vanilleeis schon bald auf 2,50 Euro erhöhen werde. „Anders könne man kein Geld mehr verdienen“. 

Warum die gestiegenen Kosten bei dem Besuch der Lieblingseisdiele besonders auffallen, weiß auch Michael Grömling, Konjunkturexperte des Instituts der Deutschen Wirtschaft.  „Die allgemein gestiegenen Kosten werden beim Eis sichtbar wie in einem Brennglas.“ Eispreise würden im Gegensatz zu anderen Lebensmitteln nicht regelmäßig angepasst, sondern lediglich einmal pro Jahr. „So wird der Preissprung vom Verbraucher psychologisch viel stärker wahrgenommen“, erklärt Grömling. Außerdem habe der Mindestlohn auf den Eispreis eine stärkere Auswirkung als auf andere Produkte, da in Eiscafés besonders viele Mitarbeitende zum Mindestlohn arbeiteten. Und natürlich werde oftmals auch das Risiko des schlechten Wetters in den Eispreis eingerechnet, so der Experte. „Eisdielen produzieren nicht auf Bestellung, oftmals müssen sie viel wegwerfen und gehen damit Verluste ein.“

Annalisa Carnio, Sprecherin des Verbands der italienischen Speiseeishersteller, verteidigt ihre Branche vehement. Eis sei in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern sogar noch günstig, so Carnio. Das Problem beim Eispreis liege darin, dass sich jeder auf den Cent genau daran erinnern könne, wie viel eine Kugel in seiner Kindheit gekostet habe. „Eis weckt bei den Deutschen nostalgische Erinnerungen“, erklärt Carnio und fügt an. „Die Kunden vergessen zu häufig, dass Eisproduzenten Handwerker sind und ein Qualitätsprodukt herstellen“. Eis sei schlichtweg Luxus für alle!

Schon deshalb wird der Preisanstieg die Lust auf Eis nicht schmälern. Zahlen der GfK zeigen, dass 2022 über 28 Prozent der Deutschen mindestens einmal pro Jahr ein Eis in einem Eiscafé kauften. 2021 waren das nur knapp 25 Prozent. Dabei erhöhten die Eisverkäufer die Preise für eine Kugel schon während der Corona-Pandemie deutlich. 

Interessant in diesem Zusammenhang: Selbst das neue Verpackungsgesetz schlägt sich im Eispreis nieder, denn Löffel aus Papier sind um einiges teurer als die aus Plastik. Schon deshalb setzt es Schorschla zukünftig lieber auf zwei Kugeln in der Waffel. Vorausgesetzt diese sind selbstgebacken. Dann ist der Genuss perfekt und auch ein paar Cent mehr wert. Like ice in the sunshine … 

PS: Die Meinung vom Schorschla muss nicht immer mit der der Redaktion übereinstimmen.

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