Lachende Menschen

Hobby-Sheriffs mag keiner!

Lachende Menschen statt parkende Autos

Es gab ihn schon immer, den allseits unbeliebten Verpetzer. Lange Zeit vor Gendersternchen und geschlechtsneutralen Beschreibungen. Weshalb es Schorschla in diesem Artikel ganz bewusst auf jedes „:in“ oder „/in“ oder „*in“ verzichtet. Begonnen haben die klassischen Denunzianten-Karrieren ja meist schon im Kindergarten- oder zumindest Grundschulalter, von der Lehrkraft gab es damals Lob und Gummibärchen, von den Mitschülern – sofern man beim Petzen erwischt wurde – zeitlich verzögert eine Tracht Prügel. So waren die Zeiten damals!

In Corona-Zeiten erlebte dieser Menschenschlag mit seinem übersteigerten Gerechtigkeit- und Obrigkeitshörigsinn völlig neue Sternstunden. Kinder, die zu Lockdownzeiten auf dem Hof spielten wurden ebenso „gemeldet“ wie grillende Kollegen oder Nachbarn, die an Silvester mit Freunden feierten. Die Polizei rückte aus, oftmals war es den Beamten selbst peinlich, manchmal gab es aber auch Verwarnungen oder Geldbußen.

Ok, diese „Blütezeit der Blödmänner“ ist im Post-Corona-Zeitalter Gottseidank Geschichte, doch die Vollblut-Denunzianten haben sich längst eine Ersatzbefriedigung gesucht: Die Fotojagd auf Falschparker!

Es Schorschla ist bei der Recherche zu diesem Thema echt aus allen Wolken gefallen. Parksünder melden geht mittlerweile schnell und unkompliziert mit dem Smartphone. Ohne Witz. Es gibt professionell programmierte Spießbürger-Apps, um „vorschriftswidrig parkende Verkehrsteilnehmer serienweise zu verpetzen“. So die Originalbeschreibung. Wahnsinn. Es gibt sogar echte Stars der Szene. Regelrecht zur Legende wurde etwa der Frührentner „Knöllchen-Horst“, der ab 2004 weit über 50.000 Parkverstöße anzeigte. Ihn selbst trieb und treibt nach eigener Auskunft an, dass die Behörden ihrer Kontrollverpflichtung nicht hinreichend nachkämen. 

Rechtlich gesehen ist die Überwachung des sogenannten ruhenden Verkehrs im öffentlichen Verkehrsraum eine hoheitliche Aufgabe, die in Deutschland Polizei und Ordnungsämter wahrnehmen. Dennoch können grundsätzlich auch Privatleute Parkverstöße anzeigen. Viele Gemeinden und Polizeidienststellen rufen sogar regelrecht dazu auf – etwa in Berlin, Dresden, Düsseldorf, Halle, Köln und Trier. Allerdings ist es Behörden nicht unbedingt willkommen, wenn jemand anlasslos Fotojagd auf Falschparker macht und dabei datenschutzrechtliche Belange betroffener Autofahrer und -halter missachtet.

Ein Fall aus der Praxis: In Magdeburg hat ein „Hobby-Sheriff“ innerhalb von drei Monaten über 400 ordnungswidrig abgestellte Kraftfahrzeuge samt Kennzeichen fotografiert und die Bilder ans Ordnungsamt der Stadt geschickt. Das Amt informierte die Datenschutzaufsichtsbehörde Sachsen-Anhalt, welches den Serienanzeiger nicht auszeichnete, sondern anzeigte. Die Begründung: Die fotografierten Kennzeichen sind personenbezogene Daten. Indem der Magdeburger seine Bilder angefertigt und übermittelt habe, habe er unbefugt Daten erhoben, denn ihm fehle ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 f der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Lediglich jemanden anzuzeigen, der gegen eine Vorschrift verstößt, reiche dazu nicht aus – wenn der Verstoß den Anzeigenden nicht selbst betrifft und es sich nicht um eine Straftat handelt.

Auch „Knöllchen-Horst“ geriet übrigens schon mit dem Gesetz in Konflikt, 2017 verurteilte ihn das Amtsgericht Hannover zu einer Geldbuße, weil er Parkverstöße datenschutzwidrig mit Dashcam-Videoaufzeichnungen belegen wollte. Es Schorschla kann sich da nur wundern. Es gibt so schöne Hobbys. Wir können raus in die Natur. Spazieren. Sporteln. Ein Besuch auf dem Bierkeller. Oder man sucht sich ein Hobby. Fotografieren zum Beispiel. Bunte Blumen. Historische Häuser. Lachende Menschen. Alles ok! Aber doch bitte nicht falsch parkende Autos! 

PS: Die Meinung vom Schorschla muss nicht immer mit der der Redaktion übereinstimmen.

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