Mit Respekt und guten Manieren
Wir haben uns den Fasching auch verdient
Am Aschermittwoch ist bekanntlich alles vorbei. Und auch wenn es traurig klingt: In diesem Jahr hat es Schorschla wirklich mehrfach überlegt, ob ein Fasching 2024 überhaupt noch Sinn macht. Wieso, fragen Sie? Nun ja, beginnen wir mal mit dem Positiven. Auf den Bällen und Umzügen im WOBLA-Land merkte man den Närrinnen und Narren an, wie sehr ihnen dieses ausgelassene, bunte Treiben auf den Straßen, den Tanzflächen und den Festsälen in den Corona-Jahren gefehlt hat. Ja, die viel zitierte „fünfte Jahreszeit“ hat ihren ganz besonderen Reiz: sich verkleiden, einmal in eine andere Rolle schlüpfen – und sei es nur für ein paar Stunden – unbekannte Menschen an der Bar treffen und ein bisschen unbeschwerter Smalltalk oder auch ein kleiner Flirt, das lenkt doch herrlich von unserem oft hektischen und nervigen Alltag ab und sorgt für gute Laune.
ABER! Unbeschwert und spontan in ein Faschingskostüm zu springen, das ist nicht mehr so leicht wie früher. Klar, da ist einmal die Figur. Ein paar Pfunde mehr auf den Hüften und Rippen und schon wirken das Top-Gun-Outfit, der Pulp-Fiction-Twist-Anzug, das Hofbräuhaus-Dirndl oder das geliebte knallrote Baywatch-Lifeguard-Shirt nicht mehr cool, sondern eher wie „die Made-im Speck“. Aber an diesem Problem sind wir zumindest selbst schuld und können daran arbeiten. Ganz anders dagegen die Außenwirkung der Kostüme an sich. Indianer? Schwierig. Im Gesicht schminken? Anmaßend. Rasta-Locken? Ein komplettes No-Go. Ein Hauch von LGBTQI? Geht gar nicht. „Kulturelle Aneignung“ lautet das Schlagwort. Alles, was auch nur die entfernteste Verbindung zu anderen Kulturen oder gar zu Kolonialzeiten konstruieren lässt, steht auf dem Index der vermeintlichen Gutmenschen. Und die werden gefühlt immer mehr, was sich nach völlig unrepräsentativen Umfragen vom Schorschla als Fake-News herausgestellt hat. Sie werden nämlich nicht mehr, sondern nur lauter. Und sie bekommen einen Raum, der unangemessen erscheint. Wenn auch große nationale Medien diese Themen breit ausfächern und Experten in schwulstigen Worten erklären, wie sich Jamaikaner, Sintis, indigene Völker oder sexuell von der Norm abweichende Personengruppen tief in sich fühlen, dann wird schnell vergessen, diese Personengruppen einmal selbst zu fragen. Aber das führt an dieser Stelle jetzt zu weit, konzentrieren wir uns auf den Fasching.
Bunte Motivwägen. Die gehören nicht nur in den Faschingshochburgen zum Straßenbild dazu. Doch auch hier regt sich Widerstand. Wie weit darf man gehen, kann ein Putin, der den Satan küsst, vielleicht den dritten Weltkrieg auslösen? Können wir in der aktuellen Situation uns über Chinesen und das Reich des ewigen Lächelns lustig machen? Und dann noch unsere Politikerinnen und Politiker: Die einen werden verunglimpft, nur weil sie Frauen sind. Oder Übergewicht haben. Oder einfach nur quer denken. Sie merken es: Wir haben einfach noch nicht genügend Probleme. Wir schaffen immer neue. Machen aus jeder Mücke einen Elefanten und laben uns darin, unseren ohnehin schon anspruchsvollen und mit ständig neuen Herausforderungen gespickten Alltag einfach noch ein bisschen komplizierter zu machen. Ach ja, die Büttenreden hätten wir jetzt fast vergessen. Klar, die sind nicht jedermanns Sache, aber manchmal schon witzig. Nur den Damen und Herren in der Bütt gehen auch die Themen aus, wenn tagelang darüber diskutiert wird, ob da nicht wieder eine „rote Linie“ überschritten wurde. Die einen sehen diese Diskussionen als nette, kostenlose Werbung in eigener Sache und reizen diesen Grenzbereich der Kommunikation bewusst aus, aber vielen guten Büttenrednerinnen und -rednern geht dieses mediale Nachkarteln ziemlich auf den Wecker.
Ja, es Schorschla wünscht sich etwas mehr Lockerheit und Unbeschwertheit. Am besten nicht nur zur fünften Jahreszeit. Wir haben uns alle unsere Auszeiten verdient, ein bisschen Urlaub, die eine oder andere ausgelassene Party und eben auch den Fasching. Das sollten wir nie vergessen. Wir haben uns das verdient. Nein, wir brauchen uns das alles nicht von einigen Wenigen vermiesen lassen, nicht von denen, die niemanden haben, der mit ihnen in Urlaub fährt oder feiert oder verkleidet um die Häuser zieht. Deshalb: Ein bisschen Spaß muss sein. Mit Respekt. Mit guten Manieren. Und ohne andere Menschen in unangenehme Situationen zu bringen. Was übrigens 365 Tage im Jahr gelten sollte. Und diejenigen, die ohnehin nur Jammern, Nörgeln und alles besser wissen, die sollte man öfter mal überhören, statt sie ständig nach ihrer Meinung zu fragen!
PS: Die Meinung vom Schorschla muss nicht immer mit der der Redaktion übereinstimmen.