Rap statt Katar
Schnee in der Wüste
„Die WM 2022 in Katar ist ein dem Fußball unwürdiges Turnier“. Das schreibt der nicht nur im WOBLA-Land bestens bekannte Musiker Jonas Ochs alias „Bambägga“. Gemeinsam mit seinen Rapper-Kollegen „George 33“ möchte er ein Zeichen setzen und organisiert eine dreiteilige Veranstaltungsreihe vom 25.11. bis 09.12 in Bamberg. „Rap statt Katar“ steht für die kritische Auseinandersetzung mit den „Spielen“ und soll als kulturelles Gegenangebot in der Zeit der WM verstanden werden. Ganz im Zeichen von HipHop und guter Laune.
Weshalb es Schorschla an dieser Stelle einen Veranstaltungshinweis veröffentlicht? Ganz einfach. Weil die asiatischen Winterspiele 2029 am vergangenen Dienstag nach Saudi-Arabien vergeben wurden. In eine staubtrockene Wüstenregion, die bislang nur im Rahmen der Rallye Paris-Dakar für internationale Schlagzeilen sorgte. Austragungsort dieser Wettkämpfe ist Neom, eine Stadt, die man derzeit nicht auf Google Maps findet, da sie noch gar nicht existiert. Den Zuschlag erhielt offiziell das „Berggebiet Trojena nahe der sich derzeit in der Bauphase befindlichen Planstadt Neom“.
Experten sprechen von einer Region, „die eigentlich gänzlich ungeeignet ist für die Austragung von Wintersportevents“. „Trojena“ liegt 50 Kilometer von der Küste entfernt in einer Höhe von 1.500 bis 2.600 Metern. Im Winter fallen die Temperaturen zwar zeitweise auf den Gefrierpunkt, die Wettbewerbe werden auf Kunstschnee ausgetragen werden müssen. Dementsprechend fassungslos sind die Stimmen aus der Sportwelt. So sagt der ehemalige Ski-Olympiasieger Markus Wasmeier: „Es ist wirklich erschreckend. Man hat anscheinend nichts gelernt.“ Es sei „wirklich sehr skurril, was da abläuft“, schimpft der 59-Jährige. Bauherr und Veranstalter Saudi-Arabien betont die Nachhaltigkeit dieses gigantischen Projektes. So soll die Energie für den Kunstschnee dieser Asien-Winterspiele zu hundert Prozent aus natürlichen Quellen kommen und beim Bau der Stadt „natürliche und erschlossene Landschaften“ miteinander verschmolzen werden. „Trojena wird den Bergtourismus für die Welt neu definieren, indem es einen Ort schafft, der auf den Prinzipien des Ökotourismus basiert und unsere Bemühungen um die Erhaltung der Natur und die Verbesserung der Lebensqualität der Gemeinschaft hervorhebt“, lässt sich der saudische Kronprinz bin Salman auf der „Neom“-Website zitieren. „Sie bestätigt auch unser Engagement, Teil der weltweiten Bemühungen zum Schutz der Umwelt zu sein“, heißt es weiter.
Bereits 2026 soll das riesige Bauvorhaben fertiggestellt sein. Dabei ist es nur ein Teil des noch größeren „Neom“-Projektes, bei dem auf 26.500 Quadratkilometern – einer Fläche größer als Mecklenburg-Vorpommern – eine neue futuristische Stadt für umgerechnet sage und schreibe 500 Milliarden Euro entstehen soll. Seit 2017 wird daran bereits gebaut.
Golfstaaten-Experte Sebastian Sons vom Center for Applied Research in Partnership with the Orient (CARPO) analysiert: „Saudi-Arabien unter dem neuen Kronprinz Mohammed bin Salman folgt dem Vorbild von Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten mit der Zurschaustellung von Reichtum und Wohlstand sowie Investitionen in Giga-Projekte.“ Und weiter: „Der saudische Prinz wird alles daran setzen, die Deadline auch einzuhalten, damit man sich nicht blamiert.“
Das könnte jedoch auf Kosten der Bevölkerung gehen. Es gibt erste Berichte, wonach einige Bevölkerungsgruppen zwangsweise umgesiedelt wurden, um Platz für die Bauvorhaben zu schaffen. „Es gibt diese Gerüchte und es ist nicht unwahrscheinlich, dass das auch so stattgefunden hat“, befindet Sons.
Die „Rapper unserer Region“ sollten die Vorgänge und Entwicklungen im ambitionierten Scheichtum gut im Auge behalten. Denn vieles spricht dafür, dass nach der Anti-Katar-Trilogie am 25.11. im Lichtspielkino mit Film, Jam-Session und DJ Abend, der Podiumsdiskussion am 02.12. im Jugendzentrum zum Thema „Wieso wir machen, was wir lieben. Werte im Rap und Fußball“ und dem „Rap statt Katar Hip Hop Jam“ am 09.12. im Freiraum auch ein Programm für den Winter 2029 ausgearbeitet werden sollte. Aber ganz ehrlich: Wenn man wirklich gegen all den aktuellen und zukünftigen Irrsinn auf unserem Globus Singen und Rappen und Tanzen möchte, bräuchte der Tag wohl 32 Stunden und das Jahr mindestens 500 Tage.