Der Spaß ist längst vorbei!
Explodierende Energiekosten: Der Spaß ist längst vorbei!
„Und kost’ Benzin auch drei Mark zehn: scheißegal, es wird schon geh’n! Ich will Spaß”. Mit diesen Textzeilen eroberte der damals 22-jährige Pop-Sänger Markus zu besten „Neue Deutsche Welle“-Zeiten Platz eins der deutschen Singlecharts. 40 Jahre ist das nun her, im Sommer 1982 erschien ein Spritpreis in diesen Höhen als völlig absurd. Doch die Zeiten haben sich geändert. Längst zahlen wir unsere Spritrechnung in Euro, der Silvester 1998 fixierte Umrechnungskurs lautete 1 Euro = 1,95583 D-Mark.
Vergangene Woche lief diese NDW-Hymne mal wieder im Radio. Und Sie ahnen es bereits: Es Schorschla klickte am Handydisplay auf „Taschenrechner“. Schnell 3,10 durch 1,95 dividiert. Macht 1,59. Wow! Ein aktuell geradezu traumhafter Wert. An der Tankstelle leuchtete in diesem Moment hinter dem Schlagwort „Super“, welches Markus ja 1982 gesangstechnisch am liebsten in seinen Maserati laufen ließ, in großen schwarzen Ziffern 2,23 Euro. Kurze Gegenrechnung: 2,23 x 1,95 macht gerundet 4,35 Mark.
Was hätte wohl der gute Markus gesungen, wenn man ihm erklärt hätte, dass er im Jahr 2022 sage und schreibe 4,35 Mark für einen Liter Super bezahlen müsste? Oder sogar noch etwas mehr. Wir wissen es nicht. Aber sicher ist eines: Der Spaß ist längst vorbei. Und das nicht nur beim Tanken. Markus äußerte sich die Tage übrigens in einem vielzitierten dpa-Interview zum Thema. Der 62-Jährige hat zu Kraftstoffpreisen eine klare Meinung. Er ist „für eine Spritpreisbremse”. „Für mich persönlich dürfte die bei 1,55 Euro liegen, denn das wären 3,10 DM geteilt durch zwei”, so Markus. Er appelliert: „Liebe Bundesregierung, senkt zumindest temporär – ähnlich wie bei der Corona-Krise – die Steuern.” Dann käme „ja immer noch genug Geld für den Staat rein“, meint er.
Ist es aktuell legitim, hierzulande über explodierende Energie- und Spritpreise zu jammern, während nur knapp 1000 Kilometer entfernt, Familien aus ihren Wohnungen gebombt werden und viele tausend Zivilisten ihr Leben verlieren? Zweifellos eine schwierige Frage. Die Hilfsbereitschaft in Deutschland für die Ukraine ist riesig, es wird gespendet, Benefizkonzerte, Fahnen gehisst, man trägt blau-gelb als Zeichen der Solidarität. Aber wenn es unkontrollierbar an den eigenen Geldbeutel geht, dann kippt die Stimmung.
Dabei ist die Spitze des Eisbergs wahrscheinlich noch gar nicht erreicht. Sollten die Sanktionen gegen Moskau weiter verschärft werden – was wohl die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland als angemessen oder längst überfällig betrachtet – wächst die Sorge vor astronomischen Öl-, Gas- und auch Strompreisen. Dazu ist die Ukraine die „Kornkammer Europas“, ein langanhaltender Krieg ließe auch Getreidelieferungen ausfallen und Lebensmittel für viele Normalbürger*innen unerschwinglich machen.
Der Druck auf die Politik wächst, das Volk muss entlastet werden. Längst ist zwischen den Parteien ein heftiger Streit ums Geld entbrannt. Markus Söder formulierte in der „Bild am Sonntag“ seine Wünsche an die Ampel-Koalition. Ganz oben auf der Liste des bayerischen CSU-Ministerpräsident: eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Benzin und Diesel. Es sei einfach nur unmoralisch, dass der Staat an steigenden Energiepreisen mit der Mehrwertsteuer auch noch kräftig mitverdient, schimpft Söder und fordert: Die Mehrwertsteuer müsse „sofort“ von 19 auf 7 Prozent gesenkt und anschließend vielleicht sogar auf 0 gedrückt werden. Widerspruch kommt da von FDP-Chef Christian Lindner: „Wenn die Union eine sogenannte Spritpreisbremse fordert, dann muss sie sagen, was sie im Haushalt kürzen will“, sagt der Finanzminister nun dem „Tagesspiegel“. „Oder sie muss bekennen, dass sie dafür bereit ist neue Schulden aufzunehmen.“
PS: Die Meinung vom Schorschla muss nicht immer mit der der Redaktion übereinstimmen.